Die Karten um die IT-Herrschaft werden neu gemischt. Neben China setzt auch Indien verstärkt auf eigene Lösungen.

Dass die geopolitischen Machtverhältnisse sich gerade rapide verschieben, ist keine Insider-Information. China zeigt sich für die USA und Europa schon länger als Konkurrent auf Augenhöhe und entwickelt eigene High-Tech-Lösungen, um vom Westen möglichst unabhängig zu sein. Mit Vorzeigeunternehmen wie Baidu, Tencent (Wechat), Alibaba oder Bytedance (Tiktok) spielt China längst in der ersten Reihe mit.

Weniger bekannt ist, dass China auch bei der Fertigung von Computer-Chips und Prozessoren beachtliche Fortschritte erzielt dank großzügiger Förderung durch Chinas Führungsriege. Das ist umso erstaunlicher, als die USA China mit einigen Sanktionen belegt haben, um etwa den Fortschritt bei Fertigungsprozessen zu behindern. Dem gegenüber haben chinesische Unternehmen wie Huawei sich als erstaunlich resilient erwiesen und rasch eigene Lösungen aus dem Hut gezaubert.

Fortschritt im Eiltempo

Nicht nur bei Betriebssystemen setzen Südkorea, China und neuerdings auch Indien auf Open-Source-Lösungen, die sich leicht an das gewünschte Leistungsprofil anpassen lassen. So lässt sich die Abhängigkeit von etablierten Konzernen wie Microsoft minimieren, was angesichts allumfassender Ausbreitung der IT in der Gesellschaft einen strategisch cleveren Schachzug darstellt. Noch größer die Unabhängigkeit, wenn auch die Hardware nach eigenen Vorstellungen gefertigt werden kann.

China ist dabei mit seinen Loongson-Prozessoren recht weit fortgeschritten, deren Grundlagen vom Institut für Computertechnologie (ICT) an der Chinesischen Akademie der Wissenschaften entwickelt wurden. Für Indien, das neben China bevölkerungsreichste Land der Erde, scheint der Weg noch etwas länger zu sein. Dennoch ist davon auszugehen, dass neben den bekannten US-Konzernen Intel oder nVidia bald auch indische Firmen bei Computer-Hardware ein Wörtchen mitreden werden.

VEGA weist den Weg

Mit Hochleistunsgprozessoren aus den USA werden die Lösungen aus China und Indien wohl noch eine Weile nicht mithalten können. Sehr wohl aber im weiten Feld der IoT (Internet of Things), SoC (System on a Chip) und der Embedded Systems. Überall dort also, wo es weniger um schiere Rechenleistung geht, sondern um Zuverlässigkeit und geringen Stromverbrauch. Und zwar in Geräten, die auf den ersten Blick gar nicht als Computer in Erscheinung treten, seien es nun Staubsauger, Waschmaschinen oder Geräte der Unterhaltungselektronik.

Für solch spezielle, aber immer weiter verbreitete, Anwendungen ist etwa der indische Prozessor VEGA gedacht, mit dem Indien eine vollständig eigene Hardwarelösung erreichen will. Erste Entwicklerboards mit dem Prozessor VEGA ET1031 sind bereits erhältlich. Diese Prozessorfamilie basiert auf der offenen RISC-V-Architektur und soll zu servertauglichen Lösungen weiterentwickelt werden. Mittelfristig ist eine komplette Fertigung in Indien geplant, derzeit werden die Prozessoren noch in Drittländern wie China gefertigt.  

Foto: C-DAC

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