Die US-Marke Under Armour expandiert nach Österreich. Als erster Schritt wurde Mitte Mai ein neuer Showroom in der Bundeshauptstadt eröffnet. Under-Armour-Athletin Anna Veith brannte dabei gemeinsam mit dem Ruder-Duo „Sieber Bros“ Paul (li.) und Bernhard das markante Logo des Unternehmens in eine Österreich-Silhouette aus Holz.
Nach der Eröffnungszeremonie ging es in englischen Doppeldeckerbussen zum Donaukanal. An Bord der „MS Wien“ wurde ausgiebig weitergefeiert. Messe & Event traf dort Anna Veith zum Interview. Die ganze Story zum Showroom-Opening gibt es im Messe & Event-Magazin, Ausgabe 3/2016.
Messe & Event: Wie hast du die Zeit nach deinem Horrorsturz am 21. September 2015 beim Training in Sölden erlebt?
Anna Veith: Gleich nach der MR-Untersuchung hat mir der Arzt damals gesagt: „In deinem rechten Knie ist eigentlich alles hin.“ Das war der Moment, in dem ich mir dachte, das war’s jetzt. Das wird nichts mehr. Aber Dr. Christian Hoser war so cool und hat mir ganz genau erklärt, wie er das operieren will. Nach der Operation meinte er dann, dass alles super verlaufen ist und dass es wieder werden wird. Da war mir klar, die Basis ist gelegt, ich kann es schaffen und ich will unbedingt wieder Ski fahren. Ab dem Zeitpunkt war der Gedanke weg, dass ich es nicht schaffen könnte. Ich bin eigentlich sehr positiv.
Messe & Event: Läuft die Reha nach Plan?
Anna Veith: Am Anfang der Reha konnte ich mir überhaupt nicht vorstellen, was alles auf mich zukommt. Das ist jetzt gute sechs Monate her. Die Bänder sind gut verheilt, das Knie selbst ist stabil. Man muss sich aber vorstellen, dass es durch die durchtrennte Patellasehne keine Verbindung zwischen Schienbein und Oberschenkelmuskulatur mehr gab. Das muss zusammenheilen. Der Reiz über die Sehne, den die Muskeln brauchen, der ist noch nicht so, wie er sein soll. Deswegen kann mein Oberschenkel die Information noch nicht richtig aufnehmen und deswegen wächst der Muskel auch nicht.
Messe & Event: Wann willst du wieder auf Skiern stehen?
Anna Veith: Mein Ziel ist, schon in Sölden wieder dabei zu sein. Aber das ist sehr hochgesteckt, dessen bin ich mir bewusst. Um etwas zu erreichen, muss man sich aber hohe Ziele setzen. Ich hoffe, dass ich in Sölden wieder dabei bin. Wenn es aber nicht so ist, dann wird es halt erst in Amerika so weit sein. Ich tue jedenfalls alles dafür, um bald wieder starten zu können.
(Anmerkung: Mittlerweile hat Anna Veith erste Schwünge auf Schnee absolviert. Das Video dazu postete sie auf ihrem Facebookprofil.)
Messe & Event: Wie hast du es geschafft, dich in den letzten Monaten selbst zu motivieren?
Anna Veith: Ich habe das Glück, dass ich schon sehr viel erreichen durfte. Für mich ist es immer wichtig, Sachen zu spüren. Wenn ich zum Beispiel im Ziel abschwinge, die Menge tobt und in mir ist gerade das Gefühl, dass das ein superguter Lauf war, dann gibt mir das irrsinnig viel Kraft. Es ist ein unbeschreiblich schönes Gefühl, wenn man ein Rennen gewinnt und seine Ziele erreicht. Wenn es mir einmal nicht so gut geht mit der Motivation, dann denke ich an diese Momente und dann weiß ich wieder genau, was ich zu tun habe.
Messe & Event: Unterstützen dich deine Fans dabei?
Anna Veith: Meine Fans unterstützen mich ganz extrem. Vor allem jetzt mit meiner Verletzung ist ihr Commitment echt ein Wahnsinn. Alleine an dem Tag, an dem es passiert ist, sind 20.000 neue Follower dazugekommen. Das ist schon speziell.
Messe & Event: Mit deiner Geradlinigkeit hast du auch im ÖSV deine Linie durchgesetzt und deinen Standpunkt vertreten. Viele junge Frauen sehen in dir ein Vorbild. Freut dich das?
Anna Veith: Ich will gar kein Vorbild sein und habe da auch keine Hintergedanken. Für mich ist Ehrlichkeit ein Grundwert im Leben. Das ist total wichtig. Die verlange ich von meinen Mitmenschen genauso, wie ich sie gebe. Deswegen sage ich einfach auch immer, wie es ist. Das hat gar keinen besonderen Grund und ich muss auch nicht unbedingt etwas erreichen. Mir geht es nur darum, die Tatsachen beim Namen zu nennen. Wenn ich von etwas überzeugt bin, dann stehe ich da auch voll dahinter. So möchte ich durch mein Leben gehen, egal was kommt. Das hat mich auch immer weitergebracht. Ehrlichkeit bewährt sich am längsten. Ich versuche meine Entscheidungen so zu treffen, wie sie für mich am besten sind.
Messe & Event: Hast du eigentlich jemals daran gedacht, was wäre, wenn du aufgrund der schweren Verletzung nicht mehr auf die Weltcup-Pisten und damit in die Öffentlichkeit zurückkehren könntest?
Anna Veith: Für mich ist es nicht das Wichtigste, im Mittelpunkt zu stehen und Ruhm zu haben. Für mich ist wichtig, dass ich meinen Sport machen kann. Es ist einfach schön, wenn Leute davon schwärmen und sagen: „Du machst das super.“ Das ist es, was einem gut tut. Solange ich Sport mache, ist das für mich natürlich wichtig. Ich war nie darauf aus, durch den Sport in die Öffentlichkeit zu kommen. Daher habe ich auch keine Angst, dass es mir schlecht ginge, wenn es einmal nicht mehr so wäre.
Messe & Event: Vielen Dank für das Gespräch.
Fotos: © Under Armour, Reiner Riedler