Messe & Event hat bei Österreichs Branchenvertretern nachgefragt, wie es mit ihren Zukunftsperspektiven und Projekten aussieht, damit die Veranstalter wieder durchstarten können.
Birgit Hölzl-Zech, MBA, Vorstandssprecherin I.M. Austria
2022 ist das Jahr der Veränderungen. Nach zwei Jahren Pandemie werden Ideen, die sich über die letzten Monate gefestigt haben, umgesetzt. Es ist eine Zeit des Aufbruchs und der Veränderung – Menschen wechseln in neue Positionen in neuen Unternehmen, die neue Geschäftsfelder und Branchen suchen. Dadurch ändern sich Personal-, Organisations- und Kundenstrukturen ebenso wie das Kundenbewusstsein. Klimaschutz, CO2-Reduktion und ein achtsamer Umgang mit der Umwelt -rücken vermehrt in den Fokus. Das ist für alle Unternehmen eine Herausforderung und gleichzeitig eine große Chance, die genutzt werden will. Die Mitgliedsbetriebe der I.M. Austria sind für diese Aufgaben -bestens gerüstet, wie sich bei einem Meeting der Interessengemeinschaft Mitte Jänner deutlich gezeigt hat. Langjährig gepflegte Kooperationen, Erfahrung, Know-how und die Kompetenz der Unternehmen – alles, wofür das IMA-Qualitätssiegel steht – sind die Basis, auf der die Unternehmen mit ihren Kunden sofort durchstarten können. Die Zeichen dafür stehen gut.
Erik R. Kastner, MBA, Geschäftsführer der OPUS Marketing GmbH, Gründer und Initiator des AEP Austria Event Pool und leidenschaftlicher Event-Produzent
Es ist ruhig und still geworden, dabei geht es um die „Wurscht“.
Der Aufschrei der Eventbranche zu Beginn der Pandemie war gewaltig. Es formten sich Initiativen und Arbeitsgemeinschaften, es fanden sich Gleichgesinnte zusammen. Es wurde von allen Seiten interveniert, geschrieben, videokonferiert und sogar demonstriert. Es wurde auf die prekäre Situation der Branche aufmerksam gemacht.
Nahezu alle Interessenvertreter sind – zumindest was die Länder betrifft – inzwischen in der Versenkung verschwunden und es wurde maximal auf Bundesebene noch für die Branche gesprochen. Die Errungenschaften der Eventbranche in Österreich wurden schon wieder in der Schublade der Vergessenen abgelegt. Keine 3,5 Milliarden an Steuern und Abgaben, keine 15 Milliarden Euro und keine 250.000 Arbeitsplätze, die jahrzehntelang durch die Veranstaltungen in Österreich für das Gemeinwohl lukriert wurden, werden noch erwähnt. Typisch österreichisch: Es ist eh wurscht! Nein, es ist nicht wurscht!
Die wenigen, die sich nach wie vor um die Belange der Branche kümmern, haben inzwischen jegliches Animo verloren. Es scheint allen auf gut Österreichisch ganz gut zu gehen, man kann leben, die bei den EPUs sowieso nicht gefragte Kurzarbeit dient im Vergleich nur wenigen und ist immer schwieriger zu erlangen. Die Zuschüsse werden ebenfalls massiv eingeschränkt und es wird auch dabei immer komplizierter, diese zu berechnen und auch zu bekommen.
Wo sind die Vorreiter, die Sprecher, die Initiatoren, die sich gebrüstet haben, die Branche retten zu wollen? Alle stützten sich auf eine 2017 erstellte, auf Zahlen von 2015 basierende Studie der Wirtschaftskammer, die nun wirklich schon veraltet ist. Geld (und Interesse?) für eine neue Studie steht nicht zur Verfügung, die Budgets wurden gestrichen. Private Initiativen können sich solch eine Studie (die Kosten liegen bei ca. 40.000 €) nicht leisten. Ja, die Zufriedenheit geht einher mit dem bei uns so verbreiteten: „Es wird schon wieder, und irgendwer wird schon etwas tun.“ Eigentlich schade, und das bittere Erwachen wird noch kommen.
Hatten wir als Branche nicht darauf gesetzt, die Helden und Produzenten von Content zu sein, den die Österreich-Werbung – mit einem mittlerweile erhöhten Budget – in allen ihren Außenstellen präsentieren kann? Hatten wir nicht einen gemeinsamen Zugang gesucht, den wir leider vielleicht auch aufgrund von „Starallüren“ nicht gefunden haben und uns dadurch nur weiter geschwächt haben? Ist es den Verantwortlichen in der Regierung und bei den Sozialpartnern egal, wie es um 250.000 Arbeitsplätze in Österreich und 15 Milliarden Euro an Wertschöpfung – und für die Zukunft sogar mehr – ausschaut? Gastronomie, Hotellerie und Seilbahnen werden die (Über-)Förderungen zugeschoben, die Hotels und Seilbahnbetreiber bauen um und aus, manche Skihütten- und Après-Ski-Bar-Betreiber pfeifen sich ebenso wie ihre Besucher nichts um die Beschränkungen. Der Veranstaltungssektor dagegen, soweit er überhaupt aktiv sein konnte, investierte starke Ressourcen in Sicherheit und Gesundheit seiner Kunden.
Die Eventbranche also? Wir dürfen nichts, gar nichts tun. Verordnet, zugesperrt, jeglicher Planungssicherheit beraubt und alleine gelassen.
Mander, ’s ischt Zeit“ (ich habe gesucht, aber leider keine Gendermöglichkeit gefunden, bitte dies an dieser Stelle zu entschuldigen), sich zusammenzutun, sich der Kraft und der Möglichkeiten dieser Branche bewusst zu werden und in die Zukunft zu schauen.
Können wir nach 24 Monaten Pandemie eigentlich noch in den Spiegel schauen? Gerade in einer Branche, die so inhomogen ist, brauchen wir einen überdimensionalen Zusammenhalt. Denn: Es ist nicht „wurscht“!
Die vergangenen 21 Monate haben in unserer Branche tiefe Spuren hinterlassen. Die immer noch andauernden Einschränkungen und Veranstaltungsverbote sind für unsere Unternehmen ein Kraftakt – sowohl auf wirtschaftlicher als auch auf struktureller Ebene.
Mag. Gertrude Emrich, Stellv. Vorstandsvorsitz livecom & Philipp Cejnek, MBA, Vorstandvorsitz livecom
Dank der verschiedenen Unterstützungsmaßnahmen konnte ein Großteil der unvermeidbaren Verluste abgefedert werden. Um sowohl unseren Klein- und Mittelbetrieben als auch den vielen EPUs ein Mindestmaß an Planungssicherheit zu ermöglichen und die bereits investierten Steuergelder zu sichern, ist wichtig, diese Maßnahmen bis zum tatsächlichen Ende der COVID-19-Pandemie weiterzuführen.
Parallel zur Fortführung der wirtschaftlichen Unterstützungen würde unserer Branche ein positiver Ausblick guttun. Aus den vergangenen zwei Jahren sollten Lehren gezogen und daraus ein Fundament für eine prosperierende Zukunft gestaltet werden. Daher fordern wir als livecom ein regelmäßiges Gremium der Veranstaltungswirtschaft. Aktuell gehen wir von einem starken Restart der Branche in den Monaten April bis Oktober 2022 aus.
Darüber hinaus herrscht für Veranstaltungstermine im nächsten Herbst/Winter derzeit noch eine starke kundenseitige Verunsicherung. Unklar ist, ob beziehungsweise unter welchen Bedingungen Veranstaltungen in der Wintersaison 2022/23 durchgeführt werden können und ob beziehungsweise wann eine Rückkehr zur tatsächlichen Veranstaltungsnormalität möglich sein wird.
David Strolz, emba-Vorstandsvorsitzender
„Die Eventbranche hat finanziell sehr harte Zeiten hinter sich. Am schlimmsten war für uns alle wohl die Belastung, nicht dem Beruf nachgehen zu dürfen, für den wir alle brennen. Die zusätzliche Herausforderung war, dabei die Fachkräfte in der Branche zu halten und die Begeisterung für das Thema Event auf Kunden- und Mitarbeiterseite zu erhalten. Dass sich Events auch in Zeiten einer Pandemie sicher umsetzten lassen, haben die unzähligen Veranstaltungen der vergangenen Monate gezeigt. Die Veranstalter wünschen sich nun nichts mehr, als endlich wieder loslegen zu dürfen – sehr gerne unter strengen Auflagen, die gerade wir als emba von Beginn an gefordert haben. Events bedürfen einer langen Vorlaufzeit. Daher benötigen wir dringend Planungssicherheit durch österreichweit gleich lautende und gut umsetzbare Regeln. Wir müssen uns an das Leben mit Corona gewöhnen und dafür die Rahmenbedingungen schaffen. Ohne finanzielle Hilfe wird es auch in den kommenden Monaten für viele Agenturen trotzdem noch nicht funktionieren. Aber die Branche noch länger im Tiefschlaf zu halten, wäre für uns, für unsere Kunden, für all die Menschen, die sich nach Live-Events sehnen, und letztlich auch für den Steuerzahler der falsche Ansatz.“
Christian Mayerhofer, Präsident MESSEN AUSTRIA
MESSEN AUSTRIA ist das Sprachrohr der Branche und unter anderem der Gesprächspartner der Politik, der Behörden und Ämter, der Kammern und Körperschaften, der nationalen wie internationalen Verbände und Institutionen sowie der Medien. MESSEN AUSTRIA setzt sich mit starker Stimme für die Belange der österreichischen Messebranche ein. Dank der hervorragenden Arbeit meiner Vorgängerin Sabine Tichy-Treimel, Geschäftsführerin der Messe Dornbirn, konnte insbesondere der Austausch zwischen den Mitgliedern forciert und intensiviert werden. Auf diese gute Zusammenarbeit darf ich nun aufbauen und gerade diesen so wichtigen und wertvollen Austausch weiter fördern. Wesentlich wird weiterhin auch sein, die Belange der österreichischen Messewirtschaft gegenüber der Politik und weiteren Stakeholdern bestmöglich zu vertreten. Gerne nehmen wir dabei eine beratende und empfehlende Rolle ein. Die Fort- und Weiterbildung sowie eine optimale Vernetzung unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bleiben wichtige Anliegen von MESSEN AUSTRIA. Verstärkt werden soll unter anderem der Dialog mit weiteren nationalen und internationalen verwandten Interessenvertretungen, wie etwa dem Austria Convention Bureau, der Austria Event Group, dem Europäischen Verband der Veranstaltungs-Centren sowie dem internationalen Messeverband UFI. Ich freue mich, zusammen mit dem neuen Vizepräsidenten der MESSEN AUSTRIA, Bernhard Erler, dem Geschäftsführer der Messe Klagenfurt, und den Mitgliedern der MESSEN AUSTRIA die anstehenden Herausforderungen anzunehmen.
Gerhard Stübe, ACB-Präsident
Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber bei mir hat sich in den letzten Monaten ein Wort eingeprägt, von welchem ich in den letzten Jahrzehnten gedanklich so weit entfernt war wie Neuseeland von Österreich: „Spaltung“. Mittlerweile scheint bei uns ja alles gespalten zu sein. Die Meinung in der Bevölkerung über die Impfpflicht, die Meinung über gesundheitliche Folgen, Lockdowns, Erleichterungen, Reisebestimmungen, zugelassene Anzahl an Besuchern und Teilnehmern, ja sogar das Virus selbst hat sich mehrfach gespalten. Gespalten sind auch die Branchen. In solche, die von der Pandemie profitiert haben, und uns: die Verlierer. Wir, die seit Jahrhunderten Menschen zusammenbringen. Wir, die dadurch als Kitt in der Gesellschaft fungieren. Und gerade wir lassen uns von einem Virus umwerfen? Nein. Höchstens aus einem (zu) satten Gleichgewicht bringen. Wir sind dem Selbstmitleid jedoch recht schnell entwischt, haben unsere eigenen Strukturen hinterfragt, neue Allianzen geschnürt, neue Angebote entwickelt, uns wirklich Zeit für unsere Mitarbeiter nehmen können, gelernt, mit Zeit sinnvoll umzugehen, und gespürt, wie wichtig guter Zusammenhalt ist. Habe ich vorhin von Verlierern geschrieben? Österreichs Tagungswirtschaft ist gerüstet und blickt optimistisch in die Zukunft!
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