Am ersten Juni-Wochenende hat die Turnschuh-Fachmesse Sneakerness in Amsterdam Halt gemacht. Sie hat ihren Ursprung in der Schweiz und beweist, dass auch ungewöhnliche Eventkonzepte aufgehen können.

Zürich, Amsterdam, London, Mailand, Paris: was sich liest wie eine Liste angesagter Mode-Hotspots, sind Orte, an denen die Sneakerness mittlerweile stattfindet. Ein Event, das sich auf ein einziges Kleidungsstück und den zugehörigen Lifestyle konzentriert: den Turnschuh, neudeutsch Sneaker genannt. Die Geburtsstunde der Sneakerness liegt bereits ein Weilchen zurück.

Im Jahre 2008 veranstalten drei Schweizer Studenten die erste Sneakerness, mehr aus persönlicher Zuneigung zum Sneaker denn aus geschäftlichen Überlegungen. Die Resonanz fällt unerwartet positiv aus, und rasch ist klar: das Konzept hat Potenzial. Aus dem Einzelevent entsteht der Plan, das Messekonzept auf Tour zu schicken. Viel verändern muss man dazu nicht, denn Sneakers sind längst ein internationales Modephänomen und in allen Kulturen präsent. Heute verzeichnet die Sneakerness beeindruckende Besucherzahlen: 52.000 sind es alleine im letzten Jahr gewesen.

Im Wandel der Zeit

Heute kaum noch vorstellbar, dass Joschka Fischer Mitte der 1980er Jahre einen mittelgroßen Skandal auslöste, weil er zu seiner Angelobung als deutscher Umweltminister in abgetragenen Turnschuhen erschien. Heute wird der Turnschuh in seiner neuen Inkarnation als Sneaker auch in den Vorstandsetagen großer Unternehmen getragen und ist beinahe schon selbst zu einer Art Uniform geworden. Verständlich ist es ja: Sneaker sind nicht nur praktisch und bequem, sondern auch geschlechterneutral, betonen also den legeren Anspruch, den sich viele Firmen heute gerne anhängen.

Darüber hinaus gelten die großen Sneakerhersteller wie Nike, Adidas oder Puma als Pioniere im Marketing neuen Stils. Gerne arbeitet man neben Sportlergrößen auch mit Stars aus der Musikbranche zusammen, lässt die Künstler eigene Modelle kreieren, und beherrscht die Kunst der Verknappung aus dem Effeff. Wer schon einmal erlebt hat, mit welcher Vehemenz die Flagshipstores bekannter Sneakermarken gestürmt werden, wenn es ein neues Sondermodell zu kaufen gibt, fühlt sich dabei fast schon an bürgerkriegsähnliche Zustände erinnert. So etwas schaffen sonst nur Kultmarken wie Apple.

Vom Kult zum Geschäft

Wo unbedingter Enthusiasmus das Kaufverhalten prägt, sind Investoren nicht weit. Seit der Finanzkrise von 2008 auf der Suche nach stabilen Anlagemöglichkeiten, haben pfiffige Anleger längst den Kult um schicke Sneakers entdeckt und erwerben manch limitiertes Modell in der Hoffnung auf satte Renditen. Eine Tatsache, die auch den Veranstaltern der Sneakerness nicht verborgen geblieben ist: aus dem ursprünglichen Hobby ist längst ein tragfähiges Geschäftskonzept erwachsen, das so schnell nicht in die Krise geraten wird.

Dazu ist der Sneaker als zeitloses Kleidungsstück bereits zu etabliert und hat sich trotz hoher Verbreitung immer noch ein wenig Undergroundflair bewahren können. Solange Enthusiasten über seltene Yeezys, Ultra Boosts oder Air Jordans ins Schwärmen kommen, werden auch enorme Preissteigerungen realisiert werden können. Darüber hinaus ist der Turnschuh heute fester Bestandteil der Modeszene und der Unterhaltungsbranche, bringt also ein ganzes Lifestylepaket bis hin zum Energydrink, Smartphone und Geländewagen mit, das sich ebenfalls gut monetarisieren lässt. Von seinem eigentlichen Zweck, einfach bequemes Schuhwerk für sportliche Betätigung zu sein, hat sich der Turnschuh längst entfernt. Die Sneakerness demonstriert dies auf eindringliche Weise.

Foto: Sneakerness GmbH

Share This