Ein ereignisreicher Event-Sommer neigt sich seinem Ende zu. Trotz zahlreicher Bürden und Kollateralschäden nimmt die Branche bedachtsam wieder Fahrt auf.

Fast schien es vielen Veranstaltern wie ein Wunder, als die leidigen Vorkehrungen gegen die COVID-Pandemie zu einer sommerlichen Pause verdonnert wurden. Endlich wieder Live-Events statt langweiliger Videokonferenzen und Streams, die zwar die Durststrecke überbrücken halfen, aber kaum Geld erwirtschaften. Geld, das die Branche nötiger braucht als je zuvor, stehen doch in den kommenden Jahren einige Investitionen an, um neuen Anforderungen gewachsen zu sein. Nicht alle Unternehmen werden die Aufgabe meistern können, die große Konsolidierungswelle steht noch bevor.

Zunächst gilt es aber, die Chance zu nützen und das Publikum mit geeigneten Angeboten wieder aus dem trauten Heim zu locken. Dabei scheinen manchen Veranstaltern gar die vielen Möglichkeiten zum Verhängnis geworden zu sein. Da es im globalen Veranstaltungsgeschehen zu einem regelrechten Stau gekommen war, der sich sinnbildlich mit dem quer stehenden Containerfrachter Ever Given vergleichen ließe, welcher tagelang den Suezkanal blockierte, war die Versuchung groß, sich die Rosinen aus dem aufgelösten Veranstaltungsstau herauszupicken. Nicht immer erfolgreich, denn nach wie vor sind viele Besucher skeptisch bis vorsichtig, wenn es um Großveranstaltungen geht.

Das Kamel und das Nadelöhr

Dazu kommen, dass just zur Zeit der ­großen Lockerungsoffensive Russlands Überfall auf die Ukraine ein ganzes Potpourri neuer Probleme aufs Tapet gezaubert hat, und Dauerthemen wie Lieferengpässe und Fachkräftemangel, die auch vielen Veranstaltern kräftig zusetzen. Hört man sich in Veranstalterkreisen um, ist oft die Rede davon, dass viele ­Gerätschaften durch die lange Standzeit Schaden genommen haben und selbst triviale Ersatzteile wie Verbindungskabel Mangelware sind, weil diese zum größten Teil in Asien gefertigt werden und mit großer Verspätung nach Europa gelangen. Viele Mitarbeiter haben die Zeit des Stillstands genutzt, um sich beruflich neu zu orientieren. Manch ehemaliger Rigger oder Lichttechniker ist mittlerweile in ­einem anderen Beruf tätig, der mehr Sicherheit verheißt. Dass Ersatz nicht leicht zu finden ist, versteht sich von selbst.

Aus anderen Richtungen droht ebenfalls Ungemach. Rapide steigende Energiepreise machen nicht nur der Bevölkerung zu schaffen, sondern auch der ­Bühnentechnik. Manch spektakuläre Lichtshow könnte sich in naher Zukunft als finanzielles Fiasko erweisen. Im Grunde wird dadurch aber nur ein Trend befeuert, der schon lange im Raum steht: Ökologische Überlegungen müssen deutlich stärker als bisher in die Planung einfließen. Das ist für die Branche neu und ungewohnt, wird aber längerfristig zu den Grundanforderungen zählen, die vornehmlich jüngeres Publikum einfach voraussetzt. Dazu gehört natürlich auch ein durchgehendes Abfallvermeidungsprogramm, das die unerwünschten Hinterlassenschaften einer großen Menschenmenge im Griff hat. Neue Schwerpunkte also, die an Bedeutung gewinnen werden.

Das große Déjà-Vu

Zunächst aber scheint bei den Veranstaltungen noch alles beim Alten zu sein. Man bemüht sich, die erprobten Konzepte auszubreiten, in der Hoffnung, damit rasch wieder Boden unter die Füße zu bekommen. Manche Konzertfestivals sind dabei sichtlich eine Spur zu weit ­gegangen und haben beim Versuch, ein möglichst umfangreiches Line-up zusammenzustellen, den Bogen überspannt. Das Konzept Masse statt Klasse ist angesichts der Umstände zwar naheliegend, kann aber zu nachhaltigem Konzeptverlust führen, samt Abtauchen in die Bedeutungslosigkeit. Eine Veranstaltung lebt schließlich maßgeblich von den Besuchern. Wenn diese nicht mehr sagen können, warum sie einer bestimmten Veranstaltung eigentlich beiwohnen, ist ein kritischer Punkt erreicht. Die kommenden Jahre werden darüber urteilen.

Wo keine Veranstaltung, dort auch keine Veranstaltungstechnik. Und gerade in wirtschaftlich prekären Zeiten, wie wir sie derzeit erleben, wird gezwungenermaßen manche Investition und Neuanschaffung verschoben. Dabei haben die entsprechenden Fachmessen der letzten Monate, von Prolight + Sound über NAB-Show bis hin zur Integrated Systems ­Europe, gezeigt, dass die Bühnen- und Lichttechnikanbieter keineswegs in den Ruhestand gegangen sind. Neuheiten gibt es genügend, allein, es gebricht an der Spendierlust der Veranstaltungsfirmen. Ob sich die Ursachen so schnell wieder verabschieden, wie sie gekommen sind, ist fraglich. Niemand kann es vorhersagen. So gilt vorerst für die meisten Veranstaltungen wohl, dass zunächst der Prä-Pandemiezustand wieder einigermaßen hergestellt werden soll, bevor man sich zu neuen Ufern aufmacht. 

Licht und Architektur

Im Herbst stand jedenfalls noch die Fachmesse Light + Building der Messe Frankfurt an. Auf den ersten Blick nicht unbedingt eine Messe für Veranstaltungstechnik, doch gibt es viele Schnittstellen, sowohl was Gebäude- und Lichttechnik als auch die Verschränkung aus Spektakel und Lichtkunst in den Rahmenveranstaltungen angeht. Nicht zuletzt Netzwerk-, Energie- und Sicherheitsmanagement sind Themen, die vielen Veranstaltern Tag für Tag begegnen und traditionell auf der Light + Building verhandelt werden. Nach langer Pause, die durch die Tatsache verstärkt wird, dass die Messe nur alle zwei Jahre stattfindet, stellten diesmal wieder an die 1.500 Aussteller aus 46 Ländern ihre Neuheiten vor. Neben der Live-Messe gab es auch einen digitalen Ableger für potenzielle Besucher, die diesen Herbst nicht nach Frankfurt reisen konnten.

Dem Schwerpunkt Sicherheitstechnik war das Intersec-Forum gewidmet, auf dem nicht nur Wissen vermittelt wurde, sondern auch Case Studies aus allen Blickwinkeln zur Analyse kamen. Ein Dauerbrenner verhieß angesichts einer zunehmend dauervernetzten Gesellschaft die Smart City zu werden, in der nicht nur Menschen und Institutionen, sondern auch Maschinen und allerlei andere unbelebte Materie miteinander kommunizieren sollen. Viel ist dazu schon gedacht worden, neben der technischen Umsetzung stehen aber auch Aspekte der Privatsphäre und der Sicherheit im Raum, welche noch dringender Aufarbeitung bedürfen. Ein Besuch der Light + Building war in vielerlei Hinsicht lohnenswert. Nicht nur, aber auch für Veranstalter.

Foto: Messe Frankfurt Exhibition GmbH/light+building/Petra Welzel, light+building/Pietro Sutera

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