Digitale Daten können nicht nur über Funk übertragen werden, sondern auch über Lichtwellen. Das bietet einige Vorteile.

Kaum ein Tag vergeht, ohne dass die Digitalökonomie neue Lösungen vorstellt, die unser Leben bereichern sollen. Vieles davon gleicht eher einer Lösung, für die ein Problem erst erfunden werden muss, anderes wiederum verschwindet schnell aus der öffentlichen Wahrnehmung und wird durch neue vermeintliche Sensationen ersetzt. Dabei gibt es tatsächlich sinnvolle Entwicklungen, um die es erstaunlich ruhig zugeht. Etwa die Möglichkeit, Daten drahtlos über Lichtwellen zu transportieren anstatt wie üblich mittels Funksignalen. 

Ersonnen respektive konkretisiert hat die Idee der deutsche Informatiker Harald Haas im Jahre 2011. Auch die Bezeichnung „Li-Fi“ geht auf Haas zurück, er hat sie während seines TED-Talks „Wireless Data from Every Light Bulb“ erstmals verwendet. Als Ideenvorlage darf das Kürzel „Wi-Fi“ angenommen werden, welches allgemein für WLAN-Verbindungen verwendet wird. Dieses wiederum geht auf die „High Fidelity“ (kurz Hi-Fi), also hohe Klangtreue, von Audio-Wiedergabegeräten zurück, wie sie von Unternehmen der Unterhaltungselektronik seit den 1960er-Jahren verstärkt für ihre Produkte reklamiert wurde. Es geht also neben der Geschwindigkeit vor allem um die Zuverlässigkeit der Datenübertragung, wie sie im professionellen Umfeld erwartet wird.

Evolution im Stillen

Nach Festlegen der technischen Grund­lagen als Standard 802.11bb des Institute of Electrical and Electronics Engineers (IEEE), das von einem damals neu gegründeten Konsortium verwaltet wird, ist es relativ ruhig um Li-Fi geblieben, obwohl seit 2011 jede Menge Weiterentwicklung ­gelungen ist. Das hat vermutlich damit zu tun, dass Li-Fi-Anwendungen primär auf den Einsatz in Unternehmen abzielen, etwa bei IoT-Installationen, weniger hingegen auf den Endkunden. Die Idee an sich ist nämlich bestechend: Wo immer es eine Lichtquelle gibt, kann es theoretisch auch eine Li-Fi-Verbindung geben. Somit naheliegend, beides miteinander zu verbinden. Das spart Platz und Energie. Dem nicht genug, ist es mittlerweile gelungen, mittels Photovoltaik Lichtsignale zu recyclen und somit Energie zu gewinnen. Auch eine Kombination aus 5G-Mobilfunk und Li-Fi ist in Entwicklung und könnte manchen Synergieeffekt bewirken.

Bestechend an Li-Fi ist allerdings auch die Übertragungsgeschwindigkeit. Lichtwellen bewegen sich am schnellsten und werden daher auch als Maßstab verwendet, um besonders große Distanzen zu beschreiben. Ein Lichtjahr ist nicht etwa eine Zeitgröße, sondern die Distanz, die das Licht in einem Jahr zurücklegt, nämlich 9,5 Billionen Kilometer. Eine Größenordnung, die uns Menschen nur schwer begreiflich ist und somit am besten über das uns am besten vertraute Licht beschrieben werden kann. Auch wenn wir mittlerweile dank Hubble und James Webb weit in das Weltall hineinblicken können, so ist es doch stets ein Blick in die Vergangenheit. Manche Himmelskörper sind derart weit entfernt, dass wir sie erst sehen können, wenn sie eigentlich gar nicht mehr existieren.

Privacy, please

Neben der Übertragungsgeschwindigkeit gibt es noch einen Punkt, der für Li-Fi spricht: Datensicherheit. Ein Thema, das vor allem für Unternehmen an Bedeutung gewinnt, steigt doch die Zahl der Angriffe auf die IT-Infrastruktur von Jahr zu Jahr. Der deutsche Branchenverband Bitkom schätzt den Schaden, der Unternehmen in Deutschland durch Cyberkriminalität entsteht, alleine für das Jahr 2023 auf über 200 Milliarden Euro. Dabei kann getrost von einer gewissen Dunkelziffer ausgegangen werden, ist doch nicht jedes Unternehmen bereit, einen solchen Angriff zuzugeben, geschweige denn zu veröffentlichen. Wenig ist über den Schaden privater Personen bekannt, doch dürfte auch dieser beträchtliche Dimensionen erreicht haben, zumal immer mehr Gerätschaften schlecht gesichert am Internet hängen.

Wie aber kommt die Übertragungssicherheit bei Li-Fi zustande? Dazu vergegenwärtigt man sich am besten, wie sich Lichtwellen ausbreiten. Licht kann weder um die Ecke biegen noch Mauerwerk durchdringen. Zwischen der Lichtquelle und dem Empfänger der Lichtwellen muss stets Sichtkontakt bestehen. Dieser vermeintliche Nachteil stellt die Ursache für die höhere Übertragungssicherheit dar. Bei Li-Fi ist es schlichtweg nicht möglich, die Signale außerhalb eines Raums abzufangen. Insbesondere bei Ärzten, Anwälten und ähnlichen Berufsgruppen mit Pflicht zur Geheimhaltung dürfte Li-Fi ­somit auf großes Interesse stoßen.

Work in Progress

Ob sich Li-Fi als Konkurrenz zu Wi-Fi wird durchsetzen können, ist keineswegs sicher. Noch wird vieles ausprobiert und manches wieder verworfen. Dennoch gibt es bereits zahlreiche Institutionen, die Li-Fi-Systeme verwenden. Dazu gehören unter anderen Museen, die zu ihren Ausstellungsstücken via Drahtloskopfhörer einen Audioführer bereitstellen. Hierbei ist eine flächendeckende Ausbreitung des Signals nicht nötig und Wi-Fi oft gar nicht vorhanden. Spannend könnte Li-Fi im Internet-of-Things (IoT)-Umfeld sein, zumal hier auch erhöhte Datensicherheit von Relevanz ist. 

Eine Revolution wird Li-Fi vermutlich nicht auslösen, aber im Verbund mit anderen technischen Lösungen vielleicht ein System ermöglichen, das den Anforderungen unserer Zeit entspricht. Dazu zählt natürlich auch Energieeffizienz. Wie sich Li-Fi in diesem Punkt verhält, und zwar über den gesamten Verwertungszyklus hinweg, lässt sich noch nicht abschließend beurteilen. Wie so oft sind verschiedene, teils sehr unterschiedliche Anforderungen und Standpunkte zu berücksichtigen. Die Chancen stehen aber gut, dass uns Lichtwellen in Zukunft auch als Datenträger begleiten werden. 

Li-Fi kurz und bündig

  • Entwickelt vom Informatiker Harald Haas
  • Seit 2011 offizieller IEEE-Standard
  • Datenübertragung erfolgt über Lichtwellen
  • Hohe Geschwindigkeit und Sicherheit
  • Integration in Endprodukte ab 2024 geplant

Foto: Malcolm Cochrane Photography

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