Ein Perspektivenwechsel ist in vielen Bereichen angesagt, um mehr Nachhaltigkeit und Kundennähe zu erreichen.

Die EuroShop war 2020 eine der letzten großen Messen, die stattfinden konnte, bevor die Corona-Krise die Welt erschütterte. In diesem Jahr konnte die weltweit größte Fachmesse für den Investitionsbedarf des Handels erneut stattfinden und zog mehr als 81.000 Fachbesucher an. „Die EuroShop stelle einmal mehr ihre Sonderstellung als Impulsgeber für die Handelsbranche unter Beweis“, so Michael Gerling, Geschäfts­führer des EHI Retail Institute. „Nach drei schweren Jahren stehen im Handel für die Zukunftsthemen Digitalisierung, Connected Retail, Energy Management und Nachhaltigkeit wichtige Investitionen an.“

Im Bereich Expo und Event Marketing präsentierten sich 135 Aussteller auf rund 7.000 Quadratmeter. Einer der Schwerpunkte war auch hier das Thema „Nachhaltigkeit“ von Anbeginn des Planungsprozesses, die u. a. mit skalierbaren, modularen Standbausystemen erreicht werden kann. Und wohin geht die Entwicklung? Analoge Inszenierungen werden immer mehr durch digitale Technik ergänzt werden, um Besucher stärker einzubeziehen und zu Hauptakteuren und Entdeckern werden zu lassen. Und das geht am besten mit einem spannenden Storytelling. Aber auch die Messearchitektur hat eine Sprache und nimmt die Besucher über Raumerfahrungen, Markenerlebnisse, interaktive und inhaltliche Eindrücke mit auf ihrer Erkundungsreise durch den Stand. Zunehmend gibt es eine Erweiterung des Messeerlebnisses in den digitalen Raum hinein durch digitale Interaktionen, virtuelle Realität oder Social-Media-Aktionen.

Perspektivenwechsel

Die Absage von Messen während der Corona-Zeit hat viele Unternehmen zum Umdenken gebracht: zum Perspektivenwechsel. Wie belebt man ein Geschäft, wenn draußen die Welt still zu stehen scheint? Woher nimmt man das Potenzial zur Neukundengewinnung? Virtuelle Messen wurden bedeutungsvoller, Geschäftsreisen weniger und auch die Formate des Kennenlernens haben sich durch Telefon und Videokonferenzen verändert. 

„Perspektivenwechsel“ ist auch ein Thema einiger Aussteller auf der EuroShop gewesen. Beim Perspektivenwechsel geht es darum, mal einen anderen Standort einzunehmen, um zu einem anderen Standpunkt zu gelangen. Das portugiesische Designunternehmen Mindtrooper drückt diese Idee des kreativen Denkens durch vertikale Lamellen aus, durch die man den Stand unterschiedlich wahrnehmen kann. Der Perspektivenwechsel ist eine Fähigkeit, neben der eigenen kulturell und individuell geprägten Wahrnehmung auch andere Ansichten kennenzulernen, sowohl im Hinblick auf eine bestimmte ­Situation als auch die ganze persönliche Weltanschauung betreffend. Gerade Architekten müssen in der Lage sein, sich in den Kunden, der oftmals auch einen anderen kulturellen Hintergrund hat, hineinversetzen zu können, ohne zu stark die persönliche Erfahrung einzubringen. Die Fähigkeit, ein Idee, eine Marke, ein Problem auch anders sehen zu können, hilft den Architekten und Messegestaltern, neue Lösungen zu finden. Das Leipziger Messebauunternehmen Fairnet warb auf seinem Messestand mit seiner Fähigkeit, neue Perspektiven zum Leben zu erwecken, indem es ein Bild aus der Schöpfungsgeschichte aufgriff, ein Bild von Michelangelo neu interpretierte und ins All übersetzte. Der Anspruch ist, alltägliche, bekannte Blickwinkel zu verlassen, um eine Botschaft oder Marke einzigartig erlebbar zu machen.

Perspektive Raum 

Das „Fairnet-Universum“ lud die Besucher zu einem Perspektivenwechsel ein, hinter dem der Gedanke steht, dass für die Entwicklung einer Idee ein Funke überspringen, ein Standpunkt geändert werden muss, die Perspektive. Dies wurde auf dem Stand über die Symbolik der „Erschaffung Adams“ von Michelangelo und zugleich mit dem Thema Weltraum assoziiert. Eine fünf Meter hohe bedruckte Fotowand ging über eine Rundung in den Boden über, der den Fairnet-Würfel aufnahm: Ein Raum im Raum mit schräg stehenden, hinterleuchteten Wänden schien vor diesem Hintergrund wie ein Spaceshuttle zu schweben. Das Innere konnte digital erkundet werden, über einen 98 Zoll großen Monitor. Verspiegelte Decken und Wände erhöhten die Raumschiffatmosphäre. Ein Perspektivenwechsel analog und digital.

  • Aussteller: Fairnet, Leipziger Messe 
  • Design/Messebau: Fairnet
  • Standgröße: 55 Quadratmeter

The Story of Three Men

Das Unternehmen für Messe- und Ladenbau feierte sein 30-jähriges Firmen-Jubiläum. Auf dem weißen, offenen Stand wurde eine Geschichte von drei Freunden erzählt, die gemeinsam den Jubiläumsmessestand entworfen hatten: dem Künstler Ernst F. Drewes, dem Designer Chris Wendel und Axel von Hagen. Gemälde des Künstlers Drewes mit ovalen Kringeln wurden in eine LED-Projektion umgewandelt und andere Bilder von ihm aus der Serie „Nudel“ als abgehängte 3D-Objekte in einen begehbaren Raum inte­griert. Sie hingen wie eine fröhliche Farbwolke über dem Stand. Eine Wand­skulptur, von den Pinselstrichen des Künstlers inspiriert, wurde in 3D gedruckt und als Empfangstresen eingesetzt und somit zum künstlerischen Blickfang.

  • Aussteller: von Hagen Design, Blomberg
  • Design/Messebau: von Hagen Design
  • Standgröße: 70 Quadratmeter
  • EuroShop Award Winner Gold

Perspektive

Die segmentierte Wand aus Holzlamellen ist ein Teil der Werbung, des Markenzeichens dieses portugiesischen Design-Unternehmens, das damit verdeutlichen will, dass der Blick durch die Lamellen immer wieder eine neue Perspektive ermöglichen kann; man sah Holz oder Farbe in einer perfekten Harmonie, die zum Eintreten einlud. Ein Kreativraum. Es geht ihnen bei einem Projekt immer um die Suche nach einem neuen oder nachhaltigen Blickwinkel, um ein Traumprojekt zum Leben zu ­erwecken oder um etwas Einzigartiges zu schaffen. 

  • Aussteller: Mind Trooper, Abóboda – S. Domingos de Rana/Portugal
  • Design/Messebau: Jorge Reis Alves & Alexandre -Perreira/Mind Trooper
  • Standgröße: 24 Quadratmeter

Textile Rundungen

Die Installation war inspiriert durch eine Textil-Weberei, um die kreativen Möglichkeiten der Farbe und Textur von Aluminiumketten entdecken zu können. Sie griff das Leitmotiv der Ketten mit Rundungen und der Bewegung auf und präsentierte den Raum als ein großes gewundenes Muster. Die Bedeutung dieser Geometrie wurde auch auf die Decke übertragen, an der eine Vielzahl an Formen, Farben und Mustern hängend präsentiert wurde und eine harmonische Farbstimmung ergab. Zu den Neuheiten gehörte „Feel Free“, ein selbsttragendes System, das die Installation von Ketten in jedem Bereich ermöglicht, ohne dass eine Stütze oder Befestigung an der Decke oder am Boden erforderlich ist. Die abgerundete Standform unterstützte eine Art Wegführung, die zum Arbeitsbereich führte, einem zentralen Block mit einer Videowand, die die Vielfalt des Angebots von Kriskadecor zeigte.

  • Aussteller: Kriskadecor, Montblanc, Spanien 
  • Design: Estudi(H)ac, Valencia/Spanien
  • Messebau: AS Messe- und Eventservice 
  • Standgröße: 38 Quadratmeter
  • EuroShop Award Winner Bronze

Fotos: Fairnet/Gunnar Mitzner

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