Diese Familie hat das Thema Live-Kommunikation mit Sicherheit im Blut. Herbert Fechter gilt als einer der versiertesten Köpfe Österreichs in Sachen Entertainment und beging am 17. Mai seinen 70er. Sein Sohn Georg wird heuer 30 und hat mit „Masters of Dirt“ eine erfolgreiche, globale Eventmarke etabliert – gemeinsam feiern sie somit heuer 100 Jahre Fechter. Messe & Event hat die beiden besucht.

Messe & Event: Herbert Fechter, wie haben Sie im Eventgeschäft begonnen?
Herbert Fechter: Ich bin als Publizistikstudent unter Gerd Bacher 1967 in den ORF gekommen – in die Abteilung „Politik und Zeitgeschehen“. Das war damals vollkommen unüblich, weil, als Zwanzigjähriger hast du entweder nur den Kaffee getragen oder du hast Jugendsendungen gemacht. Auf demselben Stock mit meiner Abteilung war aber die Redaktion „Jugend und Familie“. Eines Tages hat mich jemand von dort angesprochen und gefragt: „Hean S’, was gengan Sie immer dort eine? Was mochen Sie ­junger Mensch da drüben? Sie gehören ja zu uns.“ So wurde ich schließlich Redakteur der Sendung „Spotlight“. Das war eine legendäre Show mit Peter Rapp. Ich war der, der die Künstler verpflichten sollte.

Ein schwieriger Job?
Herbert Fechter: Der ORF hat damals auch schon an Geldmangel gelitten. Wenn ich etwa internationale Stars für die Sendung hereinfliegen sollte, war das Problem, dass der ORF sich das nicht leisten konnte. Nehmen Sie zum Beispiel die „Les Humphries Singers“. Das waren 20 Leute aus Hamburg und damals gab es noch keine Billigflieger. Da war Fliegen richtig teuer. Man hat dann zu mir gesagt: „Herr Fechter, treiben S’ irgendwo das Geld auf.“ Da habe ich eine Firma gegründet und dann etwa mit den „Les Humphries Singers“ eine Autogrammstunde beim Bazala verkauft, wo übrigens die Frau vom Hansi Krankl gearbeitet hat und er dann immer herumgehängt ist. So habe ich durch Nebenbeiaktivitäten finanziert, dass die Künstler in die Sendung „Spotlight“ kommen können. So bin ich in das Geschäft hineingerutscht.

Das klingt ja nach Wildwest-Tagen?
Herbert Fechter: Ja, bitte stellen Sie sich vor: Ich habe ungefähr im Jahr 1965/66 versucht den Firmennamen Profil Promotions durchzusetzen. Da wurde mir von der Kammer das Wort Promotions abgelehnt, weil man meinte, das gibt es nicht, das ist kein deutsches Wort. Ich musste mir dann einen anderen Firmennamen suchen und durfte Profil Promotions nur als Untertitel verwenden. Das muss man sich einmal vorstellen. Als ich begonnen habe, war selbst das Wort Promotions noch unbekannt. So schnell geht eine Entwicklung. Denn was sind in der Menschheitsgeschichte 50 Jahre? Überhaupt nichts. Der Durchbruch gelang mir mit dem Musical „Hair“, das ­damals in München gespielt wurde und für einen Sensationserfolg sorgte, weil die Leute nackert waren auf der Bühne, weil das Rauchen von Cannabis und der freie Sex verherrlicht wurden. Das war eine Revolution. Ich war zwar immer eher auf der konservativen Seite, habe aber trotzdem erkannt, dass dieses Musical die Massen ziehen würde. Daher habe ich dieses Musical in die Wiener Stadthalle gebracht und wir hatten 240.000 Zuseher in 100 Vorstellungen. Ab dem Moment war ich der große Guru, obwohl ich bis heute keine Ahnung von Musik habe. So hat es begonnen.

Fühlen Sie sich als Pionier im Eventgeschäft?
Herbert Fechter: Durchaus. Ich habe sehr viele Dinge in meinem Leben gemacht. So war ich etwa verantwortlich für das kulturelle Rahmenprogramm der Olympischen Winterspiele in Innsbruck 1976. Diese wurden damals zum zweiten Mal nach Innsbruck vergeben. Aber aufgrund dessen, dass in München der Überfall stattgefunden hat, wurde das Olympische Dorf geschlossen. Die Athleten durften nicht mehr raus. Das heißt, man musste sie drinnen unterhalten. Daher gab es ein Entertainment-Programm. Das habe ich damals komplett über Spon­soren finanziert. So etwas war zu der Zeit vollkommen ­unüblich. Da gab es zum Beispiel eine Milchbar von „Alpi“. Also Dinge, die von Sponsoren getragen wurden. Das war ja in einer Zeit, in der im Amateursport, wo die Olympischen Spiele hingehörten, überhaupt keine Werbung gestattet war. Ich habe auch die erste Werbung für „Pro Dixan“ gemacht. Da haben wir verschiedene Athleten verwendet, um für dieses Waschmittel zu werben. Da ­waren der Bruno Pezzey und die Annemarie Moser-Pröll dabei. Ich bin zum Beispiel der Mensch, der dem Niki Lauda erstmals das „Römerquelle-Kapperl“ aufgesetzt hat.

Sponsoren aufzutreiben, wird immer schwieriger. Sind Sie stolz darauf, was Ihr Sohn mit „Masters of Dirt“ leistet?
Herbert Fechter: Ja, denn mein Sohn Georgie ist beim Sponsorensuchen wesentlich erfolgreicher als ich. Er ist aber noch nicht so erfolgreich wie etwa der Jagerhofer. Das muss man ehrlich zugeben. Jagerhofer war es auch, der uns dazu animiert hatte, mit „Masters of Dirt“ nach Klagenfurt zu gehen. Als wir uns dann dazu entschieden haben, hatten wir 28.000 Zuseher und haben damit das Wörthersee-Stadion erstmals seit der EURO 2008 wieder gefüllt. Der Georgie hat mit 14 oder 15 Jahren diese Marke erfunden, hat dann sofort so Gratis-Minibikes geschenkt bekommen und immer Sponsoren dafür gefunden. Das ist natürlich heute auch viel, viel schwieriger geworden.

Was ist Ihr Geheimnis, um Sponsoren ins Boot zu holen?
Georg Fechter: Ich bin halt genau in eine Generation reingerutscht, wo es viel mehr Medienbudget für Dinge wie Influencer oder YouTuber gibt. Mittlerweile bin ich ja selbst einer geworden, weil ich denke, dass mein Leben recht interessant ist und die Leute es cool finden, das online zu verfolgen. Aber es ist halt nicht mehr so einfach wie damals, dass ein Mobilfunkanbieter schnell einmal 100.000 Euro für einen Event rüberrückt. Natürlich ärgert man sich, findet’s ungerecht, aber es ist halt nun einmal so. Man kann es eh nicht ändern, also kann man nur versuchen sich den Dingen anzupassen. Monster ist uns zum Glück treu und die zahlen auch angemessen. Wir versuchen unseren Sponsoren halt viele einzigartige Möglichkeiten der Präsentation anzubieten.

Was wäre das zum Beispiel?
Georg Fechter: Für Samsung haben wir etwa das Xcover für Smartphones in die Show integriert. Wir sind zum Beispiel mit dem Caterpillar drübergefahren. Außerdem habe ich ­einen Fahrer in der Show live am Handy angerufen und er hat das Teil dann in 16 Metern Höhe im Sprung abgeworfen, ist seinen Loop zu Ende gefahren, hat das Gerät auf­gehoben und ich war noch immer dran. Das sind schon einzigartige Möglichkeiten, um Produkte maßgeschneidert in die Show zu integrieren. Das ist vom Impact her schon ganz ­etwas anderes als die klassische Bandenwerbung.

Wie wurde „Masters of Dirt“ zur Erfolgsmarke?
Georg Fechter: Mein Vati hat damals im Ferry-Dusika-Stadion jahrelang das Hallen-Motocross auf Holz gemacht. Da war ich noch verschreckt, am Anfang, dann habe ich dort Benzin gerochen. Als ich dann in Amerika die DVDs ähnlicher Shows sah, wusste ich, dass wir das bringen müssen. Ich habe es aber gleich von Anfang an viel größer gedacht, wollte ein richtiges Festival draus machen. Mein Vater meinte, wir sollten die Freestyle-­Motocrosser, die durch die Luft springen, bringen. Wir sind dann nach Deutschland und haben dort die ersten fünf Jahre ein fertiges Produkt eingekauft. Allerdings ­waren unsere Partner sehr stur und das gesamte Konzept war eigentlich so aufgebaut, dass es komplett gegen Freestyle sprach. Die wollten keine Grills, keine Snow­mobiles, keine BMX-Bikes. Zu allem, was jetzt unseren ­Erfolg ausmacht, haben sie Nein gesagt. Also habe ich ein eigenes Konzept entwickelt. Ich wollte immer ein gewisses Underground Feeling rüberbringen, auf der Website, bei den Fahrern. Am Anfang war ich noch unsicher, ob es nicht zu arg ist. Zum Glück aber habe ich auf meinen Vater gehört und wir haben uns letztlich für den Namen „Masters of Dirt“ entschieden. Ich habe dann das Logo – den Totenkopf mit der Zündkerze und den Bunny-Ohren – entworfen, das sich heute bereits über tausend Leute tätowieren lassen haben. Das ist längst nicht mehr bloß eine Veranstaltung, sondern ein Lifestyle. Für die Wien-Shows im März 2018 haben wir bereits jetzt mehr als 2.000 Karten verkauft.

Gab es am Beginn auch Kritiker?
Georg Fechter: Am meisten belächelt wurde immer ich. Na klar, der Sohn vom Fechter, kommt doch eh alles vom Papa. Mir war das immer egal. Ich habe definitiv einen coolen Papa und eine tolle Familie. Und das ist mir noch viel wichtiger als die Finanzierung einer Veranstaltung. Am Anfang hat mich Papa schon sehr unterstützt und dafür bin ich ihm auch sehr dankbar. 2014 hat er sich dann zurückgezogen und ich habe alles – jedes einzelne Kabel, jedes T-Shirt – rausgekauft. Wir sind zwar im selben Haus geblieben, aber ich habe mich abgekapselt, stehe seither auf meinen eigenen Beinen.

Wie soll sich die Marke „Masters of Dirt“ weiterentwickeln?
Georg Fechter: Wir sind noch lange nicht dort, wo meine Vision hin will. 2007 haben wir mit zwei Shows und 8.000 Leuten begonnen. 2008 kamen dann gleich Süd­afrika und Polen. Dann haben sie uns beschissen und wir waren wieder ganz unten. 2009/2010 ging es wieder weiter mit Malta, Belfast, Zypern, die ärgsten Destinationen halt. Dann fällst du wieder in ein Loch, dann geht es wieder hoch. Ein ständiges Auf und Ab halt. Später begann die Mode Fahrt aufzunehmen, die Partys kamen dazu und auf einmal waren wir voll da. Sämtliches Material für die Shows gehört mir. In Dubai habe ich ein Drehkreuz für „Masters of Dirt“. Zwei riesige Container mit einem kompletten Show-Setup werden hier zwischengelagert. Demnächst geht es von hier aus nach Beirut im Libanon. Außerdem produzieren wir unter dem Namen „Masters of Merch“ in Warschau Merchandising-Produkte für Unternehmen wie Red Bull oder den Circque du Soleil. Derzeit arbeite ich gemeinsam mit meinem Schwager an der ersten „Masters of Dirt“-TV-Show. Sechs Episoden à 26 Minuten sollen auf Inside-TV in UHD ausgestrahlt werden.

Klingt nach Großkonzern.
Georg Fechter: Die Leute glauben ja immer, wir sind ein riesiger Konzern. In Wahrheit sind wir wahrscheinlich das persönlichste Unternehmen mit den kürzesten Kommunikationswegen überhaupt.

Zurück nach Österreich: Sind klassische Firmenveranstaltungen für die Fechters noch ein Thema?
Herbert Fechter: Das war immer ein Thema. Wir waren so ziemlich die Ersten, die begonnen haben, zielgerichtet für die Firmen Programme und Künstler auszusuchen.

Haben sich die Anforderungen geändert?
Herbert Fechter: Eigentlich nicht. Wenn du zum Beispiel eine Weihnachtsfeier für ein Unternehmen hast, bei dem 800 von 900 Mitarbeitern männlich sind, dann muss der Weihnachtsmann in Strapsen auftreten und möglichst eine geile Alte sein. Wenn ich bei Palmers die Weihnachtsfeier mache, wo 900 Mitarbeiter weiblich sind, dann werde ich damit nicht wirklich reüssieren können. Also haben wir begonnen, Konzepte zu basteln, wie wir solche Firmenfeiern gestalten können. Die Problematik allerdings, und die ist bis heute dieselbe, ist, dass jeder Firmenchef selber eine Meinung hat. Sein Marketing-Chef hat noch eine andere Meinung und die Frauen von beiden haben die dritte Meinung. Und du kannst ihnen zehn Mal ein­reden, dass es für ihre Mitarbeiter viel besser wäre, den Künstler X zu engagieren, wenn sie sich einbilden, sie wollen den Künstler Y oder die Frauen den Künstler Z. Dann vermittelst du ihnen die und läufst sozusagen ins Messer, weil alle gähnen, aber die Frauen sind unheimlich glücklich, dass ihr Star da ist. Das Problem ist, dass jeder glaubt, dass er mitreden kann, wenn es um den Geschmack geht. Der Geschmack ist aber etwas ganz Individuelles. Du kannst aber nur, um es mathematisch zu sagen, den kleinsten gemeinsamen Nenner und das größte gemeinsame Vielfache suchen, um sozusagen alle zu befriedigen.

Was ist die größte Herausforderung dabei?
Herbert Fechter: Je weniger Geld vorhanden ist, umso schwieriger wird das. Denn das Wesentliche bei so Firmenfeiern ist immer noch das Fressen und das Saufen. Das Show-Programm steht immer ein wenig zurück. Dass man aber über so ein Programm den Leuten viel mehr vermitteln kann, dass das sehr nachhaltig wirken kann, das muss man den Kunden erst einmal vermitteln. Durch die Compliance-Geschichte wurde dieser Markt mehr oder weniger getötet. Weil, mit 100 Euro pro Person hupfst du heute nicht mehr wirklich weit.

Zurück zu „Masters of Dirt“. Wo soll die Reise hingehen?
Georg Fechter: Wir haben in den letzten zehn Jahren fast 200 Shows in 19 Ländern gespielt und sind, das zeigen mehr als 27.000 zahlende Besucher in der Wiener Stadthalle, auf Rekordkurs. Die vielen positiven Feedbacks ­beweisen das auch. Ich könnte mir gut vorstellen, die Spielzeit in Wien weiter auszudehnen und aus „Masters of Dirt“ zum Beispiel ein einwöchiges Festival zu machen. Obwohl es super läuft, kämpfen wir um jeden Cent. Als Produzent, Veranstalter und selbst Fahrer in einer ­solchen Show kommst du dann schon manchmal ins Grübeln. Wenn man diese unglaublichen Emotionen der Besucher sieht, die von der Show praktisch weggeblasen werden, findest du es schon manchmal ungerecht, was immer noch in klassische und neue Medienkanäle investiert wird. Denn die Emotionen, die man dort erzielen kann, sind nicht mit dem vergleichbar, was wir abliefern. Mal sehen, ob die Sponsoren auch diesmal bei meinen Plänen mitziehen.

Vielen Dank für das Gespräch.

FOTO: Stefan Fürtbauer

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