Im Doppelpack wird in Frankfurt traditionellerweise der Messefrühling eingeläutet. Auch wenn es themenmäßige Schnittmengen gibt, so sind Musikmesse und Prolight + Sound doch ein höchst ungleiches Messepaar. Während die eine gegen die Digitalisierung der Branche und die Erosion des Nachwuchses ankämpft, eilt die andere von einem Höhepunkt zum nächsten.

Ja, hier drinnen geht es wirklich sehr laut zu – und das ist gut so. Da wird getrommelt, die Tasten der Keyboards werden einer Belastungsprobe unterzogen und auch einem Saxophon versucht man einen Ton zu entlocken.

„Discover Music“ lautet das Motto in dem 800 Quadratmeter großen Zelt auf dem Freigelände der Frankfurter Messe (Foto). Hier sollen Kinder an das Thema Musizieren herangebracht werden.

Ersonnen wurde die klingende Erlebniswelt gemeinsam mit Musikern und Musikpädagogen. Unternehmen wie Alpine Hearing Protection, Gahrens + Battermann, Klangschalen Center, Musik Meyer, Session Music, Terré und Yamaha sorgten für Instrumente und Ausstattung. Am Zustrom gemessen ein Erfolg, denn alle verfügbaren Slots sind ausgebucht.

Mit Special Events durch herausfordernde Zeiten

Mit solchen Special Events will das Frankfurter Messeteam einem traurigen Trend entgegenwirken. Immer weniger Kinder in Europa lernen ein Instrument. Längst dominieren Smartphone und PC die Freizeitgestaltung. Was heute an Musik entsteht kommt meist aus der digitalen Konserve.

Diese Tatsache und gravierende Umbrüche in der Branche machen das Thema zunehmend zu einer Herausforderung.

Zur Eröffnung sprach Messe Frankfurt-Geschäftsführer Detlef Braun von einem Drittel weniger Händler seit dem Jahr 2004. Auch hier setzen sich zunehmend wenig Große durch.

Digitalisierung und Onlinehandel befeuern die angespannte Lage. Laut Braun machen inzwischen acht Unternehmen die Hälfte des Umsatzes der ganzen Branche. Detlef Braun: „Eine solche Konzentration habe ich noch in keiner Industrie beobachtet.“

Ausstellerzahlen der Musikmesse sinken weiter

Und so vermisst man in Frankfurt auch heuer einige klingende Namen. Große Gitarrenbauer wir Fender oder Gibson präsentieren sich nur mehr via ihrer Vertriebspartner.

Generell sind beim Gang durch die Hallen viele, teils sehr kleine Stände zu sehen.

Vor allem in den Randlagen hat die Displaywand wieder Saison.

Obwohl unter anderem Ibanez, Tama oder Beyerdynamik als Aussteller zurückgekehrt sind, sinken die Ausstellerzahler der Musikmesse weiter. 972 sind es heuer, rund 100 weniger als noch 2016.

„Prolight + Sound“ legt erneut zu

Ein ganz anderes Bild bietet sich beim Blick auf die „Prolight + Sound“, die traditionellerweise überlappend mit der Musikmesse stattfindet. Mit 950 Ausstellern haben sich hier mehr, als noch im Vorjahr angemeldet.

Die Überlegungen der Frankfurter Messemacher gehen jedenfalls weiter. Bis zuletzt hat man am Konzept gefeilt. Der große Umbruch der 2016 eingeleitet wurde,  erfährt 2017 seinen Feinschliff. Ob all das ausreichen wird, den Abwärtstrend zu stoppen, bleibt abzuwarten.

Zum Messeschluss meldet Frankfurt 100.000 Besucher für das Messedoppel. Die Gäste kamen aus 144 Besuchernationen, ein Plus an Internationalität bedeutet. Im Vorjahr waren es „nur“ 130 Nationen. 

Insgesamt 1.922 Aussteller aus 55 Ländern zeigten auf beiden Messen ein Produktspektrum von Medien-, Licht-, Ton- und Bühnentechnik und Eventausstattung bis Musikinstrumenten, elektronischem Equipment sowie Hard- und Software. 

Die Veranstaltungen des Musikmesse-Festivals besuchten auch heuer mehr 20.000 Musikfans.

Umfragen der Messemacher in Frankfurt bestätigen den eingeschlagenen Weg und das weiterentwickelte Messekonzept.

„Wir sind mit dem Verlauf der Musikmesse sehr zufrieden. Ich habe viele Händlerkolleginnen und -kollegen auf der Messe angetroffen. Die Frequenz in den Hallen war gut, die Messestände immer gut besucht. Auch die Business Academy, bei der wir in diesem Jahr erstmals mit eigenen Themen vertreten waren, ist auf einem guten Weg. Kurzum: Die notwendigen Veränderungen der Musikmesse werden von der Branche anerkannt“, sagt etwa Arthur Knopp, Präsident des Gesamtverbandes Deutscher Musikfachgeschäfte (GDM).

Die Bedeutung der Musikmesse betont auch Gerhard A. Meinl, Vorsitzender des Bundesverbands der deutschen Musikinstrumenten-Hersteller e.V. (BDMH): „Die Musikmesse in Frankfurt ist eine Notwendigkeit für die deutsche und europäische Musikindustrie und gerade auch Länder aus dem Osten. Wir wissen die Internationalität zu schätzen. Wir brauchen diesen Marktplatz und hoffen, dass ihn möglichst viele auch zukünftig nutzen, denn davon lebt die Musikmesse – von der Austellerseite her, ebenso wie von der Händlerseite“.

Ich habe jemanden gefragt, der es eigentlich ebenso wissen muss. Bobby Kimball, der Original-Lead-Sänger von Toto, kennt die Musikmesse seit vielen Jahren und ist hier schon oft aufgetreten.

Sein Fazit: „Also, ich bin auch jedes Jahr auf der namm-Show in Los Angeles. Ich würde sagen, die Musikmesse ist rund fünfmal so groß. Mir gefällt sie gut und ich bin hier auch schon öfter aufgetreten. Im letzten Jahr haben die Veranstalter das Konzept ja total überarbeitet – und weißt du, immer wenn du etwas änderst, ganz egal, was es ist, dann dauert es eine gewisse Zeit, bis das Konzept greift und sich durchsetzt.“

Es heißt also abwarten und hoffen, das Bobby am Ende recht behält.

Herzlichst, Ihr Christoph Berndl

© Messe Frankfurt Exhibition GmbH/Pietro Sutera

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