Auch in Deutschland befindet sich die Veranstaltungswirtschaft in der größten Krise seit ihrem Bestehen. Sämtliche nennenswerten Veranstaltungen sind ab einer gewissen Größe untersagt, unterliegen so hohen Auflagen, dass die Durchführung faktisch unmöglich wird. Zahlreiche Kunden haben ihre Veranstaltungen bereits vorsorglich bis Ende des Jahres komplett abgesagt. Seit Beginn des Lockdowns hat die Branche die politischen Entscheider auf Bundesebene, Länderebene und in den Kommunen über ihre Sondersituation informiert.
Bereits im April wurden den politischen Entscheidern konkrete und umsetzbare Handlungsempfehlungen zur Rettung der Branche übergeben. Die Branche beauftragte externe Institute mit der Erstellung von Studien zum Thema Veranstaltungssicherheit im Kontext von Corona. Es wurden zahlreiche Vorschläge erarbeitet, wie man gesundheitssichere Events realisieren und die Branche retten kann. Leider war das Feedback aus der Politik bisher mehr als dürftig.
Jörn Huber (Vorstandsvorsitzender FAMAB e.V.) und Jan Kalbfleisch (Geschäftsführer des FAMAB e.V.) zur allgemeinen Lage der Veranstaltungsbranche:
„Mehr als jedes zweite Unternehmen geht unter: Immer wieder haben wir darauf aufmerksam gemacht, dass 60 Prozent der Unternehmen nach vier Monaten die Liquidität ausgehen wird. Diese kritische Phase beginnt nun. Gehört wurden unsere Hilferufe möglicherweise. Doch von den politischen Entscheidern haben wir bisher leider kaum Feedback erhalten. Weder Zustimmung noch Ablehnung, keine Einladung zur Diskussion über unsere vielfältigen Vorschläge. Die gesamte Branche macht sich daher allergrößte Sorgen. Wir erwarten nunmehr Antworten auf unsere Vorschläge und zu unseren existentiellen Sorgen. Wichtiger noch sind Entscheidungen und Handlungen.
250.000 Menschen werden ab nächstem Monat entlassen: Im Juni 2020 sind Massenentlassungen in der Branche zu befürchten. Die Liquidität der Unternehmen ist nach vier Monaten Veranstaltungsverbot erschöpft. Dies belegt der Schadensbericht des R.I.F.E.L.-Instituts. Entlassungen sind nun leider ökonomisch gebotener als eine weitere Verlängerung der Kurzarbeit. Etwa 250.000 Mitarbeiter werden ohne Hilfspaket ihre Anstellung Ende Juni 2020 verlieren. Nur ein staatliches Rettungsprogramm jenseits der Kurzarbeit wird diese Arbeitsplätze retten können. Eine Weiterbeschäftigungsperspektive gibt es ohne Rettungsfond nicht mehr. Kurzarbeit verschiebt das Problem lediglich nach hinten. Aktuelle Umfragen zeigen, dass zunächst 30 Prozent der Beschäftigten wegen fehlender Rettungsmittel entlassen werden müssen.
1 Milliarde Fördermittel kann 10 Milliarden Steuern retten: Auch wenn die Einnahmen sofort und bis zu 90 Prozent ausgefallen sind, laufen die Kosten der Unternehmen weiter. Sie brauchen daher Unterstützung bei den Fixkosten. Zahlungen von 2 Prozent des letzten Jahresumsatzes pro Monat würden das Überleben der Unternehmen sichern. Eine sechsmonatige Unterstützung würde den Staat 1 Milliarde Euro kosten. Dies ist ein Bruchteil der zu erwartenden Steuereinbußen, falls die Branche kollabiert. Die Veranstaltungswirtschaft schafft in Deutschland mit Events, Kongressen, Messebau, Veranstaltungstechnik, Konzerten und Präsentationen einen Kernumsatz von ca. 8,25 Milliarden Euro pro Jahr, wie der Bericht des Verbands FAMAB von 2016 zeigt. Die gesamte Wertschöpfung der Veranstaltungswirtschaft mit Übernachtungen, Verpflegung, Reisekosten und Dienstleistungen beträgt jedoch etwa 65 Milliarden Euro pro Jahr in Deutschland. Deshalb verliert der Staat 10 Milliarden Euro Umsatzsteuer, wenn man der Branche die notwendige Unterstützung verweigert.
Alarmruf der Veranstaltungswirtschaft: Bundeswirtschaftsministerium und Bundesfinanzministerium sprechen derzeit über diesen Fixkostenzuschuss. Dessen Genehmigung droht jedoch, viel zu langwierig zu werden. Auch die kürzlich verabschiedeten begrenzten Verlustrücktragsmöglichkeiten sind viel zu gering. Die nun entstehenden Schäden werden irreparabel sein. Die bekannte Konzertreihe, die regionale Veranstaltung, die kleinen und mittleren Messen, die Kulturbetriebe und Veranstaltungslokalitäten, die Zeltbauer, die Veranstaltungsdienstleister, die Künstler- und Eventagenturen – alles, was diese bedeutsame Branche prägt, leidet massiv.“
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