Wie lassen sich im Prototyping Gegenstände hörbar machen, die noch gar nicht real existieren? Dieser Frage widmet sich das deutsche Forschungsprojekt AVP3

Die Zeit drängt. Wieder einmal. In einer beschleunigten hochkompetitiven Wirtschaftswelt, die zwischen kurzlebigen Hypes und ernsthaften Projekten herummäandert, kann sich ein Unternehmen Leerläufe und Fehlentwicklungen kaum noch leisten. Agiles Management, direkter Draht zum Kunden oder Auftraggeber und Augmented Prototyping sollen helfen, so rasch wie möglich auf eine veränderte Ausgangslage reagieren zu können.

Das kleine Start-up um die Ecke könnte schließlich schneller sein und den Platzhirsch aus seinem Revier vertreiben. Die Wirtschaftswelt befindet sich in kontinuierlichem „Permanent Beta“, konzentriert sich also auf Produkte und Dienstleistungen, die ihre Entwicklungsphase nie zur Gänze verlassen. Das sorgt zwar für allerlei Ungemach auf Kunden- und Anwenderseite und bedingt in Folge höhere Kosten für die Kundenbetreuung, wird aber auf absehbare Zeit unser Leben bestimmen. 

Virtuell und doch real 

Menschen reflektieren sehr stark auf Farben, Muster, Gerüche oder Klänge. Nicht zuletzt kann ein subtiles Klangphänomen darüber entscheiden, ob ein Produkt als angenehm empfunden wird oder nicht. Auch bestimmte Produkteigenschaften lassen sich durch Klänge dämpfen, verstärken oder überhaupt gleich hinzudichten. Wo bislang hochspezialisierte Akustiker in langwierigen Prozessen zu Werke waren, um den Klang zu optimieren, der beim Biss in einen Schokokeks entsteht oder beim Schließen einer Autotür, kommt immer häufiger akustisch erweiterte Virtualisierung zum Einsatz.

Diese erlaubt schon während der Planungs- und Entwicklungsphase, bestimmte Produkteigenschaften zu testen, obwohl das eigentliche Produkt noch gar nicht fertig ist. Ein großer Vorteil, wenn es darum geht, fehlerhafte Designs nicht erst auf materieller Ebene ausmerzen zu müssen. Zu diesem Behufe hat sich eine Reihe deutscher Forschungsstätten und Unternehmen zusammengetan und das Projekt AVP3 (Akustisch erweiterte Virtualisierung von Produkten und Produktionsprozessen) ins Leben gerufen.  

Augmented Prototyping 

Wie kann man sich den Test oder vielmehr die möglichst präzise Vorhersage von Produktklängen nun vorstellen? Auf dem Berliner Businessfestival hub.berlin gab es die Möglichkeit, dies interaktiv zu erleben. Im Versuchsaufbau war die virtuelle Repräsentation einer Maschine zu sehen, deren künftige mechanische Geräusche sich auf virtueller Ebene bereits auralisieren, also hörbar machen ließen. Mit dieser Aufgabe betraut ist das Fraunhofer Institut für Digitale Medientechnologie (IDMT), das die Methode immer weiter verfeinert.

Mittlerweile kann auch reale Objektakustik in das virtuelle Hörerlebnis eingebunden werden, wodurch sich das Klangverhalten je nach Position, Bewegung und Perspektive des Hörers verändert. So lassen sich Klänge und Geräusche bereits in ihrer zukünftigen realen Umgebung simulieren. Bis die Auralisierung virtueller Konstrukte zum Industriestandard wird, dürfte indes noch einige Zeit vergehen. Irgendwann wird es zwar möglich sein, diese neuen Werkzeuge in bestehende virtuelle Entwicklungsumgebungen zu integrieren. Dafür fehlen bislang aber Standards zum Austausch der Akustikdaten.

Foto: Fraunhofer IDMT

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