Im letzten Jahr hatte die Messe Frankfurt der Prolight + Sound einige grundlegende Veränderungen angedeihen lassen, die nicht auf ungetrübte Zustimmung gestoßen sind. Die Prolight + Sound findet dieses Jahr von 4. bis 7. April statt und es vieles anders werden. Was genau, verrät Michael Biwer, Group Show Director für Entertainment, Media & Creative Industries, im Interview mit Messe&Event.

Messe&Event: Die Prolight + Sound 2016 ist im Zeichen der Veränderung gestanden. Was dürfen Besucher und Aussteller dieses Jahr erwarten?
Michael Biwer: Nach den umfangreichen Neuerungen im vergangenen Jahr setzt die Prolight + Sound 2017 auf eine konsequente Fortsetzung und Weiterentwicklung der erfolgreich etablierten Bestandteile. Unternehmen der Veranstaltungs- und Medientechnik finden auf dem Ostgelände der Messe Frankfurt optimale Präsentationsmöglichkeiten. Auch die Formatierung des Seminarprogramms bleibt im Wesentlichen bestehen – so finden die Vorträge und Präsentationen renommierter Referenten der „Prolight + Sound Conferece“ an allen vier Messetagen statt und gliedern sich in die Stränge „Basic“, „Advanced“ und „Herstellerforum“. Es gibt jedoch auch einige Premieren ins 2017: Dazu zählt „Faces Behind the Voices“, eine multimediale Inszenierung zu den bekanntesten Synchronsprechern im deutschsprachigen Raum. Darüber hinaus stellt das Sonderareal „Silent Stage“ ein innovatives Bühnenkonzept vor, das sauberen Front-Of-House-Sound in schwierigen Beschallungssituationen und effektives Monitoring ermöglicht.

Manche der terminlichen und räumlichen Maßnahmen des letzten Jahres sind nicht auf ungeteilte Zustimmung gestoßen. Inwiefern ist die Kritik in die Planung für 2017 eingeflossen?
Eine Maßnahme, die wir für 2017 ergreifen, ist die Verbesserung der Beschilderung und Wegeführung auf dem Gelände, damit jeder Besucher die für ihn besonders relevanten Aussteller in allen Hallen schnell auffinden kann. Des Weiteren beleben wir die Agora, den zentralen Platz auf dem Freigelände, durch die Live Sound Arena: Hier werden PA-Systeme unter Open-Air-Bedingungen präsentiert. Mit den beiden zuvor genannten Neuerungen schaffen wir darüber hinaus weitere Anziehungspunkte in den Hallen.

Die Tagesfolge der Prolight + Sound bleibt bestehen – durch die Verschiebung der Musikmesse auf Mittwoch bis Samstag stellen wir aber eine größere Überlappung der Veranstaltungen her, die nun an drei Tagen parallel stattfinden. Ebenso berücksichtigen wir das konstruktive Feedback seitens mancher Aussteller bezüglich der Öffnungszeiten. Die im letzten Jahr eingeführte spätere Öffnung der Messe um 10:00 kam bei der Mehrheit der Unternehmen gut an. Die zusätzliche Stunde von 18:00 bis 19:00 Uhr brachte jedoch nicht den gewünschten Mehrwert, weshalb die Prolight + Sound 2017 jeweils um 18 Uhr endet.

Sie haben es angesprochen: Die zeitliche Überlappung mit der Musikmesse ist weitgehend wiederhergestellt. Sollte die Trennung den professionellen Charakter der Prolight + Sound gegenüber der Musikmesse betonen?
In erster Linie sind wir mit der Verlegung der Prolight + Sound auf Dienstag bis Freitag auf einen Wunsch aus der Branche eingegangen. Viele der professionellen Akteure der Veranstaltungsindustrie sind am Wochenende auf Events eingespannt und können die Messe am Samstag nicht besuchen, weshalb die Prolight + Sound nun an vier Werktagen stattfindet. Diese Verlegung war im Hinblick auf die Besucherzahlen ein Erfolg.

Mit der Öffnung der Musikmesse am gesamten Wochenende hatten wir das Ziel verfolgt, Ladeninhabern einen Besuch abseits der Geschäftszeiten zu ermöglichen. Diese Maßnahme konnte die Erwartungen jedoch nicht voll erfüllen – im Vergleich zu den sehr starken ersten drei Messetagen war der Sonntag schwächer frequentiert. Daher findet die Musikmesse 2017 von Mittwoch bis Samstag statt. Die größere Überschneidung der Veranstaltungen um drei statt zwei Tage wurde von der Branche überwiegend positiv aufgenommen.

Sehen Sie längerfristig einen Bedeutungszuwachs der Prolight + Sound im Vergleich zur Musikmesse?
Wir freuen uns sehr, dass die Prolight + Sound in den vergangenen Jahren kontinuierlich wachsen konnte. Die Entwicklung einer Messe ist jedoch auch immer eng mit der Entwicklung der repräsentierten Branche verbunden. Die Prolight + Sound profitierte von zahlreichen technischen Innovationen sowie einer insgesamt hohen Nachfrage nach Events, Konzerten und Live-Entertainment. Für die Musikinstrumentenbranche hingegen stellen die Digitalisierung sowie der damit verbundene Wandel im Kundenverhalten eine große Herausforderung dar – die Folge waren zuletzt Konsolidierungstendenzen, die sich auch auf der Musikmesse widerspiegelten. Wie sich der Trend in Zukunft entwickeln wird, bleibt abzuwarten. Unser Ziel ist und bleibt es jedoch, die Relevanz sowohl der Prolight + Sound als auch der Musikmesse als wichtigste internationale respektive europäische Handels- und Informationsplattformen für ihre jeweilige Branche zu festigen und auszubauen.

Wie wichtig ist für Sie das Rahmenprogramm zur Prolight + Sound, also Preisverleihungen, Wettbewerbe, Vorträge und Workshops?
Erfolgreiche Messen müssen mehr sein als reine Produktschauen, um langfristig mit digitalen Marketing-Tools konkurrieren zu können. Aus unseren Besucherbefragungen wissen wir, dass die Erweiterung des Fachwissens einer der wichtigsten Gründe für den Besuch der Prolight + Sound ist. Vor diesem Hintergrund legen wir in der Konzeption der Messe ein besonderes Augenmerk auf ein hochqualitatives Seminarprogramm, das Branchenakteure aus allen Sparten des Veranstaltungsbereichs anspricht und für Brancheneinsteiger und langjährige Experten gleichermaßen Mehrwert bringt.

Die Preisverleihungen, die im Rahmen der Prolight + Sound stattfinden, sind gleich aus mehreren Gründen wichtig: Zum einen schaffen sie Aufmerksamkeit für die Messe – zum anderen stellen sie Höchstleistungen auf dem Gebiet der Medien- und Veranstaltungstechnik ins Rampenlicht und steigern so die öffentliche Wahrnehmung der gesamten Industrie. Als Beispiele seien hier der „Opus – Deutscher Bühnenpreis“ sowie der „Sinus – Systems Integration Award“ genannt.

Den Musikinstrumentenherstellern scheint ein wenig der Nachwuchs abhanden zu kommen, zumal es in vielen europäischen Ländern weniger junge Menschen gibt, und für viele Jugendliche Musik auch nicht mehr so wichtig ist. Sehen Sie diese demografische Entwicklung auch für die Veranstaltungsbranche?
Zunächst einmal: Eines der Ziele der Musikmesse ist es, die Begeisterung für das aktive Musizieren bei Menschen aller Altersgruppen zu wecken und zu festigen. Um der von Ihnen beschriebenen demografischen Herausforderung der Instrumenten-Industrie aktiv zu begegnen, bietet die Musikmesse unter anderem ein Areal, das sich speziell an Kinder und Jugendliche sowie musikalische Einsteiger richtet. Unter dem Banner „Discover Music“ können Besucher hier erste Gehversuche am Instrument machen – ganz ohne Berührungsängste und mit Anleitung von erfahrenen Musikern.

Was die Veranstaltungsbranche anbelangt: Grundsätzlich sehen wir keine Anzeichen dafür, dass die Relevanz von Konzerten und Live-Entertainment in der jüngeren Generation zuletzt abgenommen hätte. Jedoch ist es für viele Unternehmen der Branche eine anspruchsvolle Aufgabe, gut ausgebildetes Personal zu finden. Die Prolight + Sound begegnet dieser Herausforderung, indem sie spezielle Angebote für Nachwuchskräfte der Branche schafft. So findet am Messedienstag der „Future Talents Day“ statt, mit zahlreichen Programmpunkten, die sich direkt an Berufsschüler, Azubis und Studenten der Branche richten – darunter spezielle Vorträge, Workshops und geführte Touren. Selbstverständlich ist diese Zielgruppe auch an allen weiteren Messetagen auf der Veranstaltung willkommen und profitiert von einem vergünstigten Ticketpreis. Sie können hier direkt mit den Verantwortlichen von Unternehmen, aber auch von Hochschulen und Bildungseinrichtung in Kontakt treten. Auf diese Weise haben Firmen auf der Prolight + Sound die Möglichkeit für effektives Recruiting.

Wie bedeutend sind neue Medien und Kommunikationsformen wie Virtual Reality und allgegenwärtige Vernetzung für die Musikbranche?
Wie bereits angesprochen, birgt die fortschreitende Digitalisierung Herausforderungen für die Branche – aber auch Chancen. Unstrittig ist, dass das aktive Musizieren heute mit einer Vielzahl von digitalen Freizeitmöglichkeiten konkurriert. Auf der anderen Seite macht es die Fülle an verfügbarem Content, wie zum Beispiel Online-Tutorials, heute leichter, einen Einstieg in die Welt der Instrumente zu finden. Bands finden sich online zusammen oder musizieren in kollaborativen Projekten über Grenzen hinweg. Gleichzeitig beeinflusst die Digitalisierung auch den Handel – dieser Umstand macht auch vor der Musikbranche nicht Halt, was besonders der stationäre Einzelhandel zu spüren bekommt. Jedoch können auch kleinere Ladenbetreiber vom Wandel profitieren, etwa, indem sie Nischen besetzen, neue Medien gezielt für die Kundenbindung einsetzen oder digitale Vertriebswege in ihr Geschäftsmodell miteinbeziehen. Anregungen, wie sich Händler das geänderte Kundenverhalten im digitalen Zeitalter zu Nutzen machen können, erhalten sie auf der Musikmesse im Vortragsareal „Business Academy inspired by SOMM“.

Die von Ihnen angesprochene Virtual Reality-Technologie birgt darüber hinaus auch großes Potenzial für die Event-Industrie. Es ergeben sich interessante Möglichkeiten, Veranstaltungen räumlich und zeitlich zu erweitern und völlig neue Besucherlebnisse zu schaffen, etwa in Museen, auf Kultur-Events oder in Freizeitparks. Wir verfolgen diesen Trend sehr intensiv und sind gespannt, was uns in Zukunft erwartet.

Umbruch und Kontinuität: wie lassen sich diese Widersprüche auf einer Fachmesse unter einem Dach vereinen?
Indem wir die sich verändernden Marktgegebenheiten und Ansprüche der Industrie bei der strategischen Ausrichtung der Messen berücksichtigen, gleichzeitig aber unserem Versprechen an die Branche treu bleiben. Wir schaffen eine Plattform, bei der Unternehmen auf die für sie besonders relevanten Zielgruppen treffen, die Weiterbildung und Fachqualifikation fördert und die alle Branchenakteure an einem Ort zusammenführt. Das war in der Vergangenheit das Ziel von Prolight + Sound und Musikmesse, und das wird es auch in Zukunft bleiben.

Stichwort Globalisierung: seit vielen Jahren wird die Prolight + Sound auch international abgehalten, China und Russland scheinen die Märkte der Zukunft zu sein, während EU und USA schwächeln. Wie beurteilen Sie die Bedeutung Ihres internationalen Auftritt, jetzt und in der Zukunft?
Mit unseren Auslandsveranstaltungen in China, Russland und Dubai möchten wir Ausstellern vielversprechende Märkte zugänglich machen und gleichzeitig die Entwicklung und Professionalisierung der Eventtechnik-Branche in diesen Märkten unterstützen. Dass wir hierbei erfolgreich sind, zeigt ein Blick auf die Zahlen: Insgesamt zählten die Veranstaltungen der Prolight + Sound-Familie im vergangenen Jahr weit mehr als 150.000 Besucher, die sich bei rund 3.000 Ausstellerpräsentationen über Neuigkeiten der Branche informieren konnten. Indem wir die Messemarke internationalisieren und weltweit bekannt machen, stärken wir auch die Mutterveranstaltung der Prolight + Sound in Frankfurt. Die globale Präsenz wird auch in Zukunft Bestandteil unserer Strategie bleiben. Wie sich die Bedeutung der einzelnen Auslandsveranstaltungen als Teil des Brand entwickeln wird, hängt wiederum von der Entwicklung der jeweiligen Märkte ab – hier ist es schwierig, wirtschaftliche Prognosen abzugeben.

Welche Trendthemen sehen Sie für die Musik- und Veranstalterbranche? Worauf sollten sich professionelle Anwender einstellen?
Was den Musikbereich anbelangt, so ist es durchaus möglich, dass sich das Materialbewusstsein des Kunden durch neue gesetzliche Auflagen für Instrumente mit bestimmten Hölzern verändert. Zudem konnten wir bei der vergangenen Musikmesse einen Trend zum Customizing beobachten – bis hin zu Anbietern, die auf ihrer Website einen Baukasten für maßgeschneiderte Produkte bieten, die extra nach den Vorlieben des Kunden angefertigt werden. Es wird spannend sein zu sehen, welches Potenzial für die Zukunft in diesen Angeboten steckt. Grundsätzlich wird die elektronische Klangerzeugung immer perfekter, was zum Erfolg von Hybrid-Instrumenten beigetragen hat, die die Vorzüge von analoger und digitaler Klangerzeugung vereinen. Darüber hinaus sind Apps zum Musikmachen auf mobilen Endgeräten inzwischen weit mehr eine Spielerei und finden Einzug in professionelle Studios.

Im Bereich der Veranstaltungstechnik gibt es derzeit eine ganze Fülle von technologischen Trends, die den Markt beleben. Besonders im Audio- und Rundfunkbereich ist dabei die digitale Netzwerktechnik hervorzuheben. Sie macht es möglich, hochauflösende Signale über eine Vielzahl an Kanälen und über große Distanzen mit sehr geringer Verzögerungszeit zu übertragen. Das bringt für Anwender eine bisher ungeahnte Flexibilität und reduziert gleichzeitig Kosten. Im Lichtbereich bringen Fortschritte in der LED-Technik gleich mehrere Vorteile: etwa ein breiteres Farbspektrum, flexiblere Lichtmischung, höhere Energie-Effizienz und längere Lebenszyklen. Zu den weiteren Umsatztreibern gehört die 3D-Projektion – hier konnten einer Studie zufolge die Erlöse in den vergangenen fünf Jahren um rund drei Viertel gesteigert werden. Viel tut sich auch im Display-Bereich und Digital Signage: Von hochauflösenden 8K-UHD-Produkten mit Touch-Interaktivität bis hin zu transparenten Screens. All diese Trends und vieles mehr können Besucher der Prolight + Sound und Musikmesse 2017 in Aktion erleben.

Foto: © Messe Frankfurt Exhibition GmbH / Pietro Sutera

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