Wolfgang Weyand zeichnet für das Rahmenprogramm der Musikmesse sowie der Prolight + Sound verantwortlich. © Fotokain, Michael Zargarinejad

Seit letztem Oktober ist Wolfgang Weyand für die Weiterentwicklung der Musikmesse in Frankfurt verantwortlich – eine Messeveranstaltung, die in den letzten Jahren laufenden Relaunches unterworfen war. Wir haben mit ihm über die Herausforderungen einer sich fundamental wandelnden Branche gesprochen.

Messe & Event: Die Musikinstrumentenbranche hat sich in den letzten Jahren komplett gewandelt. In Europa scheint es, als würde der musizierende Nachwuchs fehlen. Teilen Sie diese Einschätzung?
Wolfgang Weyand: Ich teile die Einschätzung, dass sich die Musikinstrumentenbranche, wie übrigens die Musikbranche insgesamt, gewandelt hat. Sie wird sich auch weiterhin verändern. Das liegt auch daran, dass wir heute andere Mediennutzungsgewohnheiten haben als noch vor 15 Jahren. Das Instrument konkurriert heute mit einem nie da gewesenen Angebot an digitalen Freizeitmöglichkeiten. Daher ist es wichtig, Kindern und Jugendlichen den Zugang zum Musikmachen zu ermöglichen und sie dann auch darin zu bestärken. Musik macht unglaublich viel Spaß. Und laut der aktuellen JIM-Studie – einer jährlichen Untersuchung zum Informations- und Medienverhalten junger Menschen – ist Musizieren als Freizeitbeschäftigung bei Jugendlichen durchaus beliebt. Immerhin gibt ein Viertel der 12- bis 19-Jährigen an, regelmäßig Musik zu machen.

Statt zum Instrument greifen immer mehr Junge zum Handy. Wie kann sich das Musikmachen gegen die Konkurrenz von Smartphone und Social Media durchsetzen?
Ich bin davon überzeugt, dass sich Virtualität und Realität sinnvoll ergänzen. Wenn ich sehe, wie viele Menschen zum Beispiel auf YouTube Clips von sich teilen, in denen sie Musik machen oder anderen Tipps geben, finde ich das gut. Das ist eine Informations- und Inspirationsquelle, die ich als musikalischer Einsteiger auch gerne genutzt hätte. Wichtig ist, dass es weiterhin Role Models gibt, die junge Menschen dazu animieren, ein Instrument zu lernen, Beats zu programmieren oder Songtexte zu schreiben.

Das Format der Musikmesse war in den letzten Jahren stetigen Anpassungen unterworfen. Hat man jetzt das ideale Messeformat für die Zukunft des Themas gefunden?
Transformation ist heute Normalität. Daher wird es eine Blaupause, die für die nächsten zehn Jahre Bestand hat, nicht geben. In diesem Sinne wird auch die Musikmesse in gewissem Maße kontinuierlich in einem Prozess der Veränderung bleiben. Diese Flexibilität ist wichtig. Denn wenn wir neue Ideen nicht ausprobieren, wissen wir nie, ob sie funktionieren. Ich bin aber überzeugt, dass wir vor allem in den letzten zwei bis drei Jahren auch Pflöcke eingerammt haben, die wir gemeinsam mit Ausstellern und weiteren Partnern weiterentwickeln wollen. Das betrifft Bereiche wie Music Education mit einem wachsenden Programmspektrum oder das Musikmesse Festival. Das Festival etabliert sich mit seiner Mischung aus Nachwuchskünstlern und Headlinern aus unterschiedlichen Musikstilen.

Sie sind selbst Musiker, spielen Keyboard. Wie haben Sie aus der Sicht eines Musikers die Messe in den letzten Jahren erlebt?
Als Keyboarder habe ich keine Musikmesse ausgelassen. Kurz hinsetzen, Kopfhörer auf und die Geräte kurz anspielen zu können, das hat mich immer begeistert. Die Faszination für die Musikmesse ist immer geblieben.

Einige große Hersteller sind ja nicht mehr mit eigenen Ständen präsent, stattdessen dominieren große Distributoren. Wird diese Entwicklung weiter fortschreiten?
Die Vertriebsstrukturen in der Branche sind vielfältig – und dies spiegelt sich auch auf der Musikmesse. Von einer Dominanz der Distributoren kann man aber nicht sprechen – denn die Mehrheit der Aussteller ist über ihr Headquarter vertreten. Für den Besucher ist es letztlich entscheidend, dass er die für ihn relevanten Kontakte auf der Messe trifft. Und gerade für den Fachhandel ist der Exklusivvertrieb ein wichtiger Partner.

Was wird die Struktur der Messe 2018 an Innovationen bieten?
Es gibt zum Beispiel eine Ausweitung des Programms im Bereich Music Education. Der zweitägige bdfm-Kongress wird erstmals im Rahmen der Messe stattfinden. Es gibt auch neue Angebote für Besucher in Bereichen wie Songwriting oder mit „Future of Audio + Music Technology“ eine neue Konferenz mit Themen, die die globale Musikindustrie entscheidend beeinflussen werden. Neu ist aber auch, dass abends Konzerte in einem großen Zirkuszelt für 1.500 Besucher des Musikmesse-Festivals erstmals direkt auf dem Messegelände stattfinden. Es wird also definitiv nicht langweilig.

Welche Aussteller aus Österreich werden auf der Messe vertreten sein?

Einige. Auf der Musikmesse stellt beispielsweise Thomastik-Infeld aus, ein Traditionshersteller handgemachter Saiten, Alpha Pianos, deren Instrumente 2016 mit einem Red Dot Award ausgezeichnet wurden, oder Brassego, eine Meisterwerkstatt für Blechblasinstrumente. Wir freuen uns, dass in diesem Jahr sogar mehr Aussteller aus Österreich auf der Musikmesse sind als 2017. Auch auf der Prolight + Sound, die ja an drei Tagen gleichzeitig stattfindet, sind spannende Unternehmen aus Österreich vertreten. Zum Beispiel AV Stumpfl, die im Bereich Medienserver und Projektion international erfolgreich sind, die Explo GmbH, die Lösungen für spektakuläre Pyrotechnik-Shows bietet, oder Tüchler, ein Spezialist für Textil- und Bühnentechnik, die zum Beispiel den Hauptvorhang in der Oper Graz hergestellt haben.

Und wie sieht es besucherseitig aus?
Da ist Österreich eines der Top-10-Besucherländer und als direkter Nachbar ganz wichtig. Da haben wir ja zum Beispiel auch beim Rahmenprogramm eine Kooperation mit den Machern vom Woodstock der Blasmusik mit Sitz im oberösterreichischen Steyregg. Durch diese Kooperation findet das Finale des Copa-Kapella-Bandwettbewerbs in der Festival-Arena der Musikmesse statt. Auch spannende Formationen wie Viera Blech aus Tirol oder Fättes Blech vom Bodensee rocken die Bühne. Das ist sicher nicht nur für Besucher aus der Blasmusik-Community interessant.

Der Endverbraucher soll ja jetzt besonders im Fokus stehen – wird die Musikmesse damit von einer Fach- zu einer Publikumsmesse?
Die Musikmesse war immer schon eine Messe für den fachlichen Austausch und wird das auch in Zukunft sein. Aber wir möchten darüber hinaus einfach auch Menschen für das Musikmachen begeistern, die bisher vielleicht noch kein Musikinstrument spielen. Junge Menschen genauso wie alle weiteren Altersgruppen. Musik macht Spaß. Dafür wollen wir mit der einzigartigen Stilvielfalt des Musikmesse-Festivals oder Formaten wie „Discover Music“ Aufmerksamkeit herstellen.

Messe & Event: Vielen Dank für das Gespräch.

Foto: © Messe Frankfurt Exhibition GmbH/Petra Welzel

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