Bewährte Standkonzepte und Transparenz stehen im Vordergrund der Unternehmenspräsentation. 

Wie sehen Messestände aus in Zeiten, in denen mehr Messen abgesagt wurden als stattfinden konnten? Im Jahr 2020 fanden mehr als 70 Prozent der geplanten Messen nicht statt, und auch im Jahr 2021 wurden von den 380 geplanten Messen bereits im 1. Halbjahr zwei Drittel abgesagt. Zwar haben die Messeveranstalter in dieser Zeit digitale Ersatzformate entwickelt, damit Aussteller weiterhin ihre Kundenkontakte aufrechterhalten und über Neuheiten informieren konnten, doch ein Ersatz für eine direkte Ansprache auf Messen, auf denen alle Sinne angesprochen werden können, sind digitale Angebote nicht. 

Bewährte Konzepte und Offenheit

Bei den kleineren Messeständen, die auf Messen im Jahr 2021 gebaut wurden, fällt auf, dass die Unternehmen vorwiegend auf bewährte Konzepte setzen, die ihre Unternehmensidentität seit Jahren baulich und inhaltlich tragen und ihren Kunden Vertrauen schenken. Das Bewährte ist jetzt offenbar wichtiger als das Ausprobieren von neuen Ideen. Markenwerte haben einen hohen Stellenwert. Angesagt sind derzeit klare Aussagen mit einer gebauten CI, aber auch viel Offenheit und Transparenz auf dem Messestand, um genügend Abstände für die Besucher einzuplanen und zugleich eine ausreichende Durchlüftung des Messestandes zu gewährleisten. Das gilt auch für die Exponate und Präsentationsflächen, in die digitale Angebote integriert sind. 

Der Wunsch nach Nähe 

Viele Menschen sind durch die noch ­immer anhaltende Corona-Krise und die ­Bedrohung durch den Ukraine-Krieg sensibler geworden, haben sich physisch und seelisch zurückgezogen, wollen anders angesprochen werden. 

Digitale Messestände, hybride Formate, Zoom-Veranstaltungen: Vieles wurde in den letzten zwei Jahren ausprobiert, um weiterhin den Kontakt mit den Kunden zu halten. Doch nach wie vor spielt das persönliche Gespräch eine große Rolle, das eine andere Emotionalität hat als das Gespräch hinterm Bildschirm. Messen ohne Besucher – das erinnert an „Gottesdienste ohne Volk“ und verleitet mich zu einem kleinen Streifzug durch die gemeinsamen Wurzeln der beiden Messeformen.

Messen, als mehrmals im Jahr abgehal­tener Waren- oder Geldmarkt, waren in ihren Anfängen immer mit einem, von der Bevölkerung gut besuchten, kirchlichen Fest verbunden. Dort gedachte man in der Regel des Namensgebers oder ­eines Schutzheiligen der Kirche, woraus sich der Name vom lateinischen missa = Aussendung ableitete. Kirchenzentren auf Messen oder Meditationsräume bringen den religiösen Ursprung heute wieder ins Spiel. Kirchen haben seit Jahrhunderten mit Inszenierungen und Kontaktpflege viel Erfahrung, um ihre Botschaft zu transportieren. Doch in Corona-Zeiten haben sie die gleichen Probleme wie Wirtschaftsmessen: Gottesdienst im Online-Format nicht nur für Alte, hybride Formate mit Videoeinspielungen im spärlich besuchten Kirchenraum, kürzere Wortbeiträge, mehr Musik, kaum Chor, Zoom-Veranstaltungen. Kontaktpflege, um Hoffnung und Zuversicht zu verbreiten. Das können alle Messerveranstalter gebrauchen.

Gebaute CI, auffallend elegant 

Das polnische Unternehmen für Leuchten, Möbel und Accessoires erhielt ein schlichtes, elegantes Standkonzept, das die Leuchten vor einem dunklen Hintergrund in den Vordergrund stellte. Wände, Böden, Deckenrahmen, Sitz- und Lichtkuben wurden in einem Farbton gehalten, der den großen Firmenschriftzug hervorhob. Von einem dunklen Deckenrahmen wurden die Leuchten wie fili­grane Blüten abgehängt.

  • Aussteller: gie el Lighting, Bojszowy/Polen
  • Messe: Warsaw Home & Contract 2021 
  • Design/Messebau: von Hagen GmbH, Blomberg 
  • Standgröße: 48 Quadratmeter

Offene Gesprächsatmosphäre

Unter dem Motto „Change the world sip by sip“ wurde für den Dienstleister für Produkte zur Wasseraufbereitung in nur wenigen Wochen ein offenes Standkonzept entwickelt. Hier wurden die Besucher in eine Szene eingeladen, in der sie sich wie um eine Café-Theke herum offen mit den Produkten und Dienstleistungen ­auseinandersetzen konnten, unterstützt durch großflächige und emotionale Sujets, die teilweise hinterleuchtet waren. 

  • Aussteller: BWT Austria GmbH, Mondsee
  • Messe: Alles für den Gast 2021, Salzburg 
  • Design: Raumlotsen & Holzmann+
  • Messebau: Holtmann GmbH & Co. KG, Langenhagen 
  • Standgröße: 48 Quadratmeter

Klare CI für Fluggeräte

Die blaugrüne CI-Farbe wurde für eine auffallende Torsituation am klar gestalteten, offenen Stand eingesetzt. Das Unternehmen entwickelt unbemannte Flug­geräte wie Drohnen für die Sammlung von Bildmaterial für zivile und militärische Zwecke. Ein Flugobjekt hing als Blickfang am Standeingang. Das hinterleuchtete Hintergrundfoto zeigte entlegene Landschaften als mögliche Einsatzgebiete. Vor diesem fanden abgeschirmte Beratungsgespräche statt. Das Standkonzept wird auch im Jahr 2022 wieder eingesetzt werden.

Modulares, vielseitiges Marken-konzept

Für den amerikanischen Lebensmittelkonzern für Snacks und Süßwaren wurde vor drei Jahren ein modulares Konzept für einen offenen Stand entwickelt, in dem verschiedene Bereiche ineinanderfließen. Neben einer virtuellen Markenwand über einer gebogenen LED-Wand gab es einen schallgedämpften Videokonferenzraum für hybride Kommunikation, einen Nachhaltigkeitsbereich mit Markenfokussierung, einen Corona-konformen Verkostungsbereich, eine illuminierte Weltkarte aus Islandmoos und verschiedene Gesprächsnischen.

  • Aussteller: Mondelez GmbH & Co. KG, Lörrach
  • Messe: TFWA World Exhibition & Event, Cannes, 2021
  • Design/Messebau: MEISSNER EXPO GmbH, Boris Meise, Hamburg
  • Standgröße: 146 Quadratmeter

Lichtes Weiss für Orthopädie-produkte

Ottobock, ein Unternehmen, das im Bereich der Orthopädietechnik tätig ist, präsentierte sich mit einem markanten Baukörper aus einem mit Stoff bespanntem Alusystem wie eine Lichtskulptur, um die herum die Produkte themenbedingt für Menschen mit Behinderung leicht ­zugänglich präsentiert wurden. Die Anmutung des Standes sollte klinisch weiß, stabil und vertrauensvoll sein. Produkte wurden auf weißen Schaufensterpuppen dargestellt, eine Treppe als Testobjekt begrenzte eine Standecke. Hinter den gebogenen Standwänden fanden Besprechungen statt. 

Foto: Giel el Lighting, von Hagen Design © Michal Wos

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