Produkte oder Leistungen in Übergröße darzustellen, erzielt große Aufmerksamkeit und wirkt markenbildend.

Welchen Einfluss große Figuren auf die Menschen haben, ist seit Jahrhunderten bekannt. Bei religiösen Festen werden übergroße Heiligenfiguren durch die Straßen getragen, und auf Volksfesten beeindrucken Großfiguren auf Stelzen. Riesen begegnen uns in Märchen, Mythen und Sagen – und in modernen Fantasy-Geschichten auch als Halbriesen wie Hagrid in „Harry Potter“. Sie sehen wie Menschen aus, sind aber erheblich größer und stärker, können gut oder böse sein.

Ursprünglich verkörperten riesige Gestalten, die dem Menschen Angst und Ehrfurcht einflößten, die Gewalt der Naturkräfte, waren übermächtig wie Götter. Seit Jahrtausenden sind unsere Kulturen weltweit voll von Riesenskulpturen und -figuren, die durch ihre Übergröße beeindrucken, als Symbol für Macht und Stärke, ob im religiösen oder weltlichen Bereich; dazu zählen riesige Tiere, Götter, Machthaber und Armeen ebenso wie Michelangelos David, die Freiheitsstatue in New York, die weithin sichtbar die Einwanderer auf ihren Schiffen empfing, oder die überdimensionalen Nanas von Niki de Saint Phalle als Sinnbilder für die Kraft und Stärke der Frau, die auf Straßen und Plätzen unsere Alltagswelt beleben. Und noch immer ­haben übergroße Figuren einen großen Aufmerksamkeitswert.

Bigger than Life

Seit Jahrzehnten werben sie in den USA für Produkte aller Art, weisen auf Motels, Zigaretten oder ­Erlebnisparks hin. In einfacher Form ­begegnen uns übergroße Blumentöpfe im Straßenbild, ein riesengroßer Stuhl wurde zum Markenzeichen für ein Möbelunternehmen. „Make it Big“ war nicht nur ein erfolgreicher Song der Gruppe Wham! aus den 1980er-Jahren. Es ist die Devise der Film-, Event- und Erlebnisindustrie schlechthin: Mach es groß, mach es faszinierend, mach es „Bigger than Life“. Da gibt es nicht nur die goldene Kamera und Riesenfußballer von 20 Metern Größe. Auf der Expo 1958 in Brüssel sorgte das 102 Meter hohe Atomium, das das Kristallmodell von Eisen darstellt, für großes ­Aufsehen. Es wurde zum Symbol für das Atomzeitalter und die friedliche Nutzung der Kernenergie. Neben dem Wow-Effekt zeigte es in 165-milliardenfacher Vergrößerung ein winziges Atom, das sich räumlich kaum einer vorstellen kann. In erheblich kleinerem Maßstab bieten ­Vergrößerungen von Produkten aus der Industrie, der Wissenschaft und Medizin oder dem Weltall auf Ausstellungen und Messen die Möglichkeit, diese für den ­Besucher sichtbar und erlebbar zu machen.

Auf Messen sind Großfiguren und -objekte nicht allzu häufig, aber immer noch einzigartige Eyecatcher, die mit ihrer Übergröße überraschen. Die Vergrößerung macht es möglich, das Augenmerk auf kleinste Produkte zu lenken, die sonst im Messetrubel untergingen oder wir gar nicht sehen könnten. In einer Zeit, in der die Bilderwelt überhand nimmt, bekommen die Skulpturen wieder einen anderen Stellenwert; der Besucher kann um sie ­herum-, manchmal auch hindurch- oder hineingehen, und er kann sie anfassen. Auf diese Weise erlebt der Besucher einen völlig anderen Zugang zu einem Unternehmen, einer Produktwelt oder Dienst­leistung, der im Kontext mit dem gesamten Stand deutlich macht, auf welcher gedanklichen Ebene sich das ­Unternehmen befindet. Es ist so. Die Skalierung in einen anderen Maßstab schafft eine große Aufmerksamkeit. Und die ist schon lange zu einer knappen Ressource geworden, wie der Kommunikations­wissenschafter Norbert Bolz schon vor Jahren ausführte.

An unseren Beispielen wird das deutlich:

Inhalator

Das eigentlich jackentaschengroße Produkt des Healthcare-Unternehmens Chiesi zur Behandlung von Atemwegs­erkrankungen wurde auf dem Messestand in Übergröße im Maßstab 60:1 präsentiert. Es war 4,5 Meter hoch und zwölf Zentner schwer. Um es mehrfach auf Messen ­zeigen zu können, wurde es in sechs Einzelkomponenten zerlegt. Das Innere des ­Inhalators war begehbar. Über Multimediabrillen konnten Besucher optisch und akustisch die Funktionsweise dieses Inhalators kennenlernen und über Terminals zusätzliche Informationen abrufen.

Frühstück

Um die Risiken eines Frühstücks für die Besucher erlebbar zu machen, wurde ein plakatives Gestaltungskonzept ein­gesetzt. Übergroße Repräsentanten wie Eierbecher, Kaffeekanne, Honigglas oder Toaster wurden zu interaktiven Informations­trägern. Allein das Butterstück hatte die Größe einer Tischtennisplatte, die Apfelsine die Größe eines Sessels. Am Honigglas erfuhr man, wie hoch die Glyphosatbelastung ist. In Text, Film und Bild fanden die Besucher spannende Informationen zum Thema „Mit Sicherheit Frühstück“.

Pummeleinhorn

Für die Entwicklung eines neuen Messekonzepts wurde das Einhorn-Kuscheltier (sonst 10–40 Zentimeter groß) zum Blickfang und zur Promotionfigur von 1,5 Metern Höhe und zwei Metern Tiefe. Der Messestand selbst sollte wie auch das Einhorn witzig und kommunikativ sein. Die Blenden des Standes zeigten einen abgebissenen Cookie als Eingangsportal, auf Regalwolken schwebten die Produkte. Knallige Farben sollten das Konzept unterstreichen. Mitten im Stand lud eine Lounge zum Verweilen ein, deren fliederfarbener Bezug haptisch dem Kuscheltier ähnelte.

Waschbeckenskulptur

Die besonderen Eigenschaften des Produkt-Werkstoffes Stahl wie Präzision, Leichtigkeit und filigrane Anmutung ­wurden in den Standentwurf übertragen. Unterschiedlichste Materialen wie Stahl­email, Massivholz und Kupfer wurden vor einer eleganten weißen Kulisse gezeigt. Die Suche nach einer „Einheit aus Form, Funktion und Material“ rückte mit der 3,6 Meter hohen und drei Tonnen schweren Skulptur aus Stahl-Waschbecken ­baulich in den Mittelpunkt und wurde zum Eyecatcher des Standes.

Fotos: Isinger + Merz, Martin Müller-Berlin, Pummeleinhorn, Achim Hatzius © Alape

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