Frankreich hat mit der Paris+ eine neue Leitmesse für die Kunstbranche. Hinter dem ambitionierten Projekt steckt die renommierte Art Basel.

Jede Krise hat ihre Gewinner. Zur Hochphase der Covid-Pandemie waren es die großen IT-Unternehmen, die durch unerwartetes Wachstum bei Online-Angeboten und Homeworking-Software enorme Gewinne eingefahren haben. Nun sind es Energiekonzerne und Luxuswarenhersteller, die sich vor Nachfrage kaum retten können. Angesichts chaotischer Sachlage an den weltweiten Finanzmärkten werden gewaltige Geldsummen umgeschichtet in stabilere Anlageformen. Dies kommt nicht nur Luxusgütern zupass, sondern auch der Kunstszene. Vor diesem Hintergrund werden die Claims im Kunstmarkt neu abgesteckt, und auch die Schweizer MCH Group (früher bekannt als MCH Messe Schweiz) hat wieder Lust bekommen, das erfolgreiche Konzept der Art Basel global auszubauen. Erster Haltepunkt der Reise: Paris.

Paris, mon amour

Mit der jährlich stattfindenden Paris+ soll Frankreichs Kunstszene künftig ihre wichtigste Anlaufstelle haben, um Künstler/innen, Galerien und Kunstsinnige zusammenzuführen. Ein Projekt, das gute Chancen hat, zumal die Londoner Frieze Art Fair seit dem Brexit etwas den Anschluss an die Verbindungen zum europäischen Kontinent verloren hat. Auch die Art Basel selbst liegt mit ihrem Standort außerhalb der EU, während Frankreichs Hauptstadt gemeinhin einen exzellenten Ruf für Savoir Vivre und Laissez Faire bedient, auch wenn dieser eher aus der Vergangenheit gespeist wird.

Brancheninsider weisen indes darauf hin, mit dem Launch der Paris+ säge die Art Basel buchstäblich am eigenen Ast, habe sie doch einen weitaus weniger mondänen Auftritt zu bieten. Inwiefern sich dieses Argument tatsächlich auswirken wird, bleibt abzuwarten. Auch das Umfeld der Schweizer Messelandschaft ist derzeit einem Wandel unterworfen, und so könnte die Paris+ am Ende gar jenes zweite Standbein sein, das in unsicheren Zeiten als Stütze dienen kann.

Gelungenes Debüt

Und wahrlich, die Paris+ konnte einen exzellenten Start hinlegen. An die 160 renommierte Galerien aus aller Welt haben sich von 20. bis 23. Oktober im Grand Palais Éphémère eingefunden, um den Start der neuen Kunstmesse zu begleiten. Unter den Teilnehmern auch einige Galerien, die bislang nicht auf der Art Basel ausgestellt haben. Ein zarter Hinweis darauf, dass die Paris+ zukünftig neue Partner ins Boot holen kann anstatt die Art Basel zu kannibalisieren. Die stilistische Bandbreite ist dabei bewusst sehr weit angelegt.

Historische Werke sind auf der Paris+ genauso vertreten wie Arbeiten der Moderne und der Avantgarde, Fotokunst genauso wie Gemälde. Dabei legen Kuratoren und Veranstalter wert auf jene hochwertige Auswahl, wie man sie von der Art Basel gewohnt ist. Mit Halbgarem und Kurzlebigen will man offensichtlich gar nicht erst antreten, und sich so von der Konkurrenz abheben. Vermutlich ist dies auch der Grund, warum das aktuelle Hype- und Reizthema NFT auf der Paris+ allenfalls am Rande Eingang findet.

Foto: Courtesy Art Basel

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