Europas Leitmesse für Unterhaltungselektronik IFA wird heuer neue Wege beschreiten. Die traditionelle Vor-Ort-Veranstaltung bleibt Fachpublikum vorbehalten und wird ergänzt um ein digitales Rahmenprogramm.

Ein Messetermin im Spätsommer gilt eigentlich als Erfolgsgarant. Nicht aber, wenn ein winziger Krankheitserreger namens Covid-19 weltweit sein Unwesen treibt und Vertrautes durcheinanderwirbelt. Mögen derzeit die Umstände auch Entspannung signalisieren, so muss spätestens gegen Ende des Jahres mit einer zweiten Infektionswelle gerechnet werden.

Für Veranstalter bedeutet dies: längerfristige Planung ist nicht möglich, und sollen die gewohnten Abläufe annähernd erhalten werden, müssen neue Strukturen her. Hektisches Brainstorming beherrscht also die Veranstalterzirkel, und wer auf Nummer Sicher gehen will, hat im Idealfall nicht nur einen Plan B in der Tasche, sondern auch einen Plan C.

Vielerorts tauchen Konzepte auf, die vor vielen Jahren ersonnen wurden, als Zukunftsforscher bereits den Abgesang traditioneller Messeveranstaltungen anstimmten und den Siegeszug der digitalen Welt ausriefen. Gekommen ist es bekanntlich ganz anders, aber die Grundidee fällt in Zeiten einer weltweiten Pandemie wieder auf fruchtbaren Boden, verheißt sie doch einen gewissen Planungspielraum.

Krisenkonzept Digitalisierung

Messeveranstaltungen und andere Events gedeihen nach wie vor am besten in der realen Welt. Das Geschehen ins Internet zu verlagern klingt zwar verlockend, entbehrt aber nachhaltig die spezielle Aura, die durch persönliches Zusammentreffen entsteht. Digitale Lösungen wiederum ermöglichen völlig neue Erlebnisformen, sind nicht standort- oder zeitgebunden, und gelten als kostengünstig. Warum also nicht die beiden Konzepte zueinanderführen? So dürften die Veranstalter der Messe Berlin gedacht haben, als es darum ging, binnen kurzer Zeit eine Entscheidung über Wohl oder Wehe der europäischen Leitmesse IFA zu treffen.

Eine Absage der Veranstaltung wäre wohl nur unter besonders widrigen Bedingungen in Frage gekommen, hängen an der IFA doch unzählige Arbeitsplätze bei Herstellern, Handel, Medien und Infrastruktur. Die IFA zur Gänze ins Internet zu verlagern scheint zwar wenig risikoträchtig, birgt aber die Gefahr, des Flairs der Veranstaltung verlustig zu gehen. So wurde denn ein vorsichtig optimistisches Konzept geboren: für maximal tausend Fachbesucher wird es nach aktuellem Stand eine reduzierte Live-IFA geben, die sich auf vier Hauptthemen beschränkt. Privatbesucher werden sich mit einem Onlineprogramm begnügen müssen, welches im Detail noch ausgearbeitet wird.

Notbremse eingebaut

Mit dem vorläufigen Plan ist gewährleistet, dass die IFA den Auflagen des Landes Berlin entspricht und kurzfristig auf eine rein digitale Veranstaltungsform wechseln kann, so dies nötig sein sollte. Derzeit ist auf dem Messegelände noch ein Notfallkrankenhaus in Betrieb, das von der Veranstaltung nicht berührt werden soll. Im Falle einer neuerlichen Infektionswelle mit Vollbelegung dieses Krankenhauses sehen die Messeveranstalter eine komplette Absage der Live-IFA vor.

Bleiben würde dann wohl nur die Onlineversion. Die umsichtige Planung lässt erahnen, mit welchen Schwierigkeiten Veranstalter derzeit zu kämpfen haben. Ganz aufgeben will man das Projekt für heuer nicht, gleichzeitig bestimmt Unwägbarkeit das Geschehen. Die Frage ist natürlich, wie diese Konzepte beim Publikum ankommen. Im besten Falle wäre wenigstens das Fachpublikum einigermaßen zufriedengestellt, allerdings kommt dieses aus aller Welt zur IFA und wird sich wohl genau überlegen, ob sich der Aufwand dieses Jahr lohnt. Viele Privatbesucher wiederum haben derzeit andere Sorgen, als sich über die neuen Errungenschaften der Elektronikbranche zu informieren. Ein wahrer Teufelskreis, der sich unmittelbar auf die gesamte Wirtschaft auswirkt. So betrachtet wird die IFA 2020 schon ein Erfolg sein, wenn sie überhaupt stattfindet.

Nach derzeitigem Kenntnisstand wird die IFA von 3. bis 5. September 2020 abgehalten.

Foto: Messe Berlin

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