Am 6. und 7. Mai 2023 findet die 35. Oldtimermesse Tulln statt. Erwartet werden 750 Aussteller, 30.000 Besucher und jede Menge Fahrzeuge.

35 Jahre ist die größte österreichische Oldtimermesse in Tulln mittlerweile alt, und damit selbst zum Messe-Oldtimer geworden. Ab einem Alter von 30 Jahren darf sich ein Fahrzeug nämlich offiziell als „Oldtimer“ verstehen, sofern es in gutem Originalzustand ist und nicht täglich genutzt wird. So sieht es der weltweite Dachverband FIVA vor, und so wird es auch rechtlich gehandhabt. Solche Regelungen hat es nicht immer gegeben. Genau genommen ist der Begriff „Oldtimer“ ein Scheinanglizismus, während im englischen Sprachraum damit  ein menschlicher Senior gemeint ist, alte Fahrzeuge hingegen mit Eigenschaften wie „Vintage“ und „Classic“ bedacht werden. In England mit seinem reichen industriellen Erbe liegt auch die Wiege des Gedankens, alte Fahrzeuge als erhaltenswertes Kulturgut zu betrachten. Noch in den fortschrittsverliebten 1970er Jahren wurden Altfahrzeuge etwas spöttisch als „Schnauferl“ oder „Veteran“ abgetan, und jene, die sich mit so etwas befassten, als schrullige Eigenbrötler empfunden. Erst zu Beginn der 1980er Jahre begann sich im Zuge erster Teilemärkte wie der deutschen Veterama ein Trend zu entwickeln, der bis heute anhält.

Wandel und Handel

Auch wenn Automobil und Motorrad längst nicht mehr die grenzenlose Sympathie der Bevölkerung genießen, erfreuen sich Altvehikel ungebrochenen Zuspruchs. Das mag auch daran liegen, dass sie einen willkommenen Gegenpol darstellen zu den aktuellen Gefährten, die sich weitgehend zu rollenden dauervernetzten Computern entwickelt haben. Seit auch Gefährte aus den 1980er Jahren zu den Oldtimern zählen, bei denen Abgasreinigung selbstverständlich ist, wiegt das Argument unnötiger Umweltbelastung auch nicht mehr so schwer. Wobei dieses alleine der geringen Anzahl an Oldtimern und deren meist umsichtigem Einsatz wegen eher zu vernachlässigen ist. Als neue Zielgruppe für solche Fahrzeuge kristallisiert sich die urbane bürgerliche Bohème heraus, die längst entdeckt hat, dass Großmutters beigefarbene Stufenhecklimousine mit Strohhut und Wackeldackel auf der Hutablage samt zugehörigem ironischem Bruch gehörigen Kultfaktor besitzt. Das mag manch älterer Oldtimerfan mit Befremden goutieren, ermöglicht aber den Anschluss der Oldtimerszene an zeitgemäße Strömungen. Smartphone und Käfer schließen einander längst nicht mehr aus.

Wirtschaftsfaktor Oldtimer

Wer ein Oldtimerfahrzeug besitzt, muss sich um dessen Erhalt kümmern. Davon lebt mittlerweile ein ganzer Wirtschaftszweig an Restauratoren, Fachwerkstätten, Verlagen sowie Teile- und Zubehörhändlern. Angesichts des Trends zum Elektroantrieb werden einige KFZ-Betriebe sich wohl auf Altgefährte spezialisieren müssen, wollen sie nicht ihre Geschäftsgrundlage verlieren. In den kommenden Jahren wird sich auch entscheiden, wie Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren in Zukunft betrieben werden sollen. Derzeit stehen vor allem E-Fuels oder der Umbau auf elektrischen Antrieb zulasten der Originalität im Raum. Beides aus Sicht der Oldtimerbranche suboptimale Lösungen, zumal abzusehen ist, dass E-Fuels für Privatfahrzeuge selten und somit teuer sein werden. Gut möglich also, dass das Altblech-Hobby in Zukunft elitärer wird. Faszination und Vernunft unter den sprichwörtlichen Hut zu bekommen wird Aufgabe der kommenden Jahre sein. Vorerst gilt einmal, dass Oldtimer nach wie vor hoch in der Gunst stehen und vielen Menschen Freude bereiten. Die Oldtimermesse Tulln wird davon beredtes Zeugnis ablegen.

Foto: Oldtimermesse Tulln

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