Regional, traditionsreich und sympathisch: Brauereien erfüllen als Event-Locations viele Punkte, nach denen sich Veranstalter (und Gäste) heute sehnen. Denn längst punkten die Sudhäuser nicht nur mit frischem Bier.

Wer unter Bierkellern immer noch dumpfe Männerbündelei versteht, hat das letzte Jahrzehnt verschlafen. Seit der sogenannten Craft-Beer-Bewegung, der Rückkehr der Mikrobrauerei als Gegenmodell zu uniformen Konzernbieren – zuerst in den USA, dann in Europa –, steht Brauen geradezu als Synonym für Aufbruchsstimmung. Das betrifft auch die Event-Szene. Neubauten erfolgreicher Rebellen­marken wie des Berliner Ablegers von Stone Brewing setzen von vornherein auf Veranstaltungen im großen Stil. Auf dem Gelände des früheren Gaswerks Mariendorf im Südwesten der Hauptstadt bietet der Craft-Beer-Hotspot Platz für bis zu 1.500 Personen.

„Mit 75 Zapfhähnen verfügen wir über die größte Schank- und Zapfanlage Deutschlands“, so Eva Ruiz de Larrinaga, Event-Managerin der Stone Brewing Berlin World Bistro & Gardens. Dass derlei urbanes Hipstertum die Veranstalterszene belebt, ist naheliegend, doch „bierige“ Events blühen in vielen Regionen auf.

Basels schönste BierKeller

Ausgerechnet die Schweiz – sie hat ihren Konzentrationsprozess im Brauereibereich lange ­hinter sich – nahm hier eine Pionierrolle ein. Als man dem Arzt und Gasthausbesitzer Hans Jakob ­Nidecker 1974 per Biervertrag die Ausschank des ­letzten in Basel gebrauten „Warteck“-Biers verweigerte, begann er für die Fischerstube seine eigene Braumarke „Ueli“ zu entwickeln. Der „Akt der ­Rebellion“, wie man es in der Brauerei in Klein­basel bis heute nennt, bescherte der Rheinstadt eine Location, die heute sogar vom Incoming & Convention Bureau von Basel Tourismus beworben wird. Bis zu 45 Personen finden im Antoniter-Keller bei Veranstaltungen Platz.

Unter den heute wieder 13 Brauereien in Basel findet sich aber auch die einzigartige Kombination aus Archäologie und Bier: Im Kellertrakt des Hotels Teufelhof (aus dem 11. Jahrhundert) lässt sich nicht nur die originale Stadtmauer erleben, hier entstehen heute „Engel“ und „Teufel“, die Kreationen von Stadtmauer-Brauer Franz Wyniger. Auch Brauseminare für Gäste sind im Rahmen von Tagungen im Kunsthotel – das im angeschlossenen Theatersaal 110 Personen Platz bietet – möglich.

Vorteil: Beim Bier kann jeder mitreden

In die Schweiz verweist auch eine der schönsten Bier-Locations Österreichs, die Familienbrauerei Schloss Eggenberg im oberösterreichischen Vorch­dorf. Denn das Starkbier „Samichlaus“, mit dem die Familie Stöhr international bekannt wurde, stellt ein Rezept der Schweizer Hürlimann-Brauerei dar. Ein eigener Lagerkeller mit mystischer Atmosphäre ist der am Nikolaustag gebrauten Spezialität gewidmet.

Er ist aber nur eine der acht Räumlichkeiten, die für Events genutzt werden können. Wichtig für Veranstalter: Eggenberg hat keine eigene Gastronomie, aber der ­beliebte Schlossgarten steht für Caterings zur Verfügung. „Wer nicht zurückschaut, den gibt’s nicht lange“, erklärt Hubert Stöhr – aktueller Geschäftsführer der Brauerei im Salzkammergut – den Mix aus Tradition und Moderne. Da hängt schon mal moderne Kunst von Franz Ringel im ehemaligen Sudhaus.

Diese Ausstattung kann man auch symbolisch ­sehen, denn Brauereien faszinieren längst nicht nur Biertrinker. Zum einen, weil die modernen Abfüllungen mit Früchten und Aromahopfen das Vorurteil „zu bitter“ widerlegen und auch Bier­verweigerer überraschen. Zum anderen, weil die Geschichte des Lebensmittels Bier eine ganz ­eigene Architektur entstehen ließ. Und Brauer ­ändern ungern etwas, womit Gerstenböden und Keller einen faszinierend-historischen Rahmen für Events ergeben.

Locations, die zum Gastgeber passen

Exemplarisch zeigt das die Wiener Ottakringer Brauerei vor, die sogar für artfremde Getränke wie Kaffee (Vienna Coffee Festival) und Rum (zum dritten Mal im September 2018: Rum-Fest Wien) zur Top-Location wurde. Die fünf einzelnen Bereiche haben im Laufe der Brauerei-Geschichte ihren ganz persönlichen Charakter entwickelt. „Das atmosphärische Spektrum reicht dabei von ,stylish industriell‘ bis ,gemütlich rustikal‘“, ist man im 16. Bezirk stolz auf die Vielfalt von ­Hefeboden, Gerstenboden, alter Technik und Co.

Wie breit die Palette an möglichen Locations (und vor allem auch des Rahmenprogramms!) ist, zeigt die Region mit der höchsten Brauerei-Dichte Deutschlands: Franken weist knapp 300 Braustätten auf, allein rund um Bamberg sind es 100 Hersteller. Das „fränkische Rom“ weist dabei eine weltweite Besonderheit auf: Außerhalb der Region weniger bekannt, wurde das „Rauchbier“ sogar UNESCO-Welterbe – nur hier wird das Malz noch bei offenem Feuer getrocknet, wie es früher üblich war.

Firmen-Merger, im Bierglas erklärt

Für Firmen-Veranstaltungen von handwerklich arbeitenden Betrieben sind derlei Bezüge spannend. Für Großgruppen gibt es aber auch regelrechte Bier-Erlebnis-Welten. Die modernste davon steht in Bayreuth. Maisel’s Bier-Erlebnis-Welt ­umfasst das 4.500 m² große Brauareal. Mit der Gaststätte Liebesbier kam 2017 eine Restauration dazu, in der man traditionelle Spezialitäten (z. B. das „Aktien Original“ nach Rezept von 1857) neben den modernen Craft-Beer-Kreationen verkosten kann.

So lässt sich beim Event firmeninterne Veränderung wie ein Merger oder Change Management anhand der Bierwelt erklären. Doch auch Biercocktails serviert Daniel Burger im Liebesbier, was auch versierte Bierkenner überrascht. – Und sie schmecken!

Ebenfalls als Event-Gesamtpaket funktioniert der Altstadthof in Nürnberg, wo Reinhard und Maximilian Engel nicht nur brauen. Die historischen Felsengänge aus Sandstein lassen sich in Themenführungen erleben, sogar eine Dunkel-Tour wird in Süddeutschlands größtem Felsenkeller-Labyrinth angeboten, in dem heute wieder Bier lagert. Mit „Hopfen, Hexen, Halleluja“ kann man zum Event sogar eine Aufführung im Brauherren-Theater buchen.

Die Auswahl, nämlich zwischen acht verschiedenen Eventpaketen – von der Abendtour bis zum kombinierten Besuch in den Salzwelten Hallein –, hat man als Veranstalter auch in der Brauwelt Salzburg. Die Eventlocation von Stiegl bietet dazu wahlweise ein 20-Liter-Fass zum Selberzapfen an, aber auch ein Erinnerungsgeschenk aus dem Braushop ist möglich. Denn auch diesen Vorteil von „bierigen“ Locations sollte man nicht vergessen: Das Give-away für die Veranstaltungsgäste ist hier naheliegend.

Profi-Tipps: „Bier“ liegen Sie richtig beim Feiern!

  • Für jeden Tisch sollte jemand bereit stehen, der das Bier auch erklären kann. Mitunter kann auch eine gute (!), weniger technisch als emotional beschreibende Bierkarte diese Funktion erfüllen.
  • Die Ausschank-Temperatur im Auge behalten. Warmes Bier zählt zu den Stimmungskillern. Aber: Längst nicht alle Bierstile sollen eiskalt serviert werden!
  • Drink responsible: In der Einladung sollten die Alter-nativen zur Pkw-Anreise gut zu finden sein, gegebenenfalls Shuttle anbieten!
  • Die Biervielfalt nutzen: Ein intensiver Barley Wine etwa funktioniert wie ein Süßwein großartig mit (Schoko-)Desserts und überrascht die Gäste.
  • Give-aways zum Thema gibt es vor Ort (z. B.: Bierschokolade oder Hopfenkosmetik für zu Hause). Sie lassen den Veranstalter in Erinnerung bleiben.

Foto: Ottakringer Brauerei

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