Es ist immer ein faszinierender Prozess, wenn aus einer Vision ein Event entsteht. Am 16. Mai setzt der Wiener Life Ball erneut ein starkes Zeichen im Kampf gegen HIV/AIDS. Das heurige Motto: „Gold – Ver Sacrum, Santa Primavera, Sacre du Printemps“. Es herrscht Aufbruchsstimmung. Florian Neumann (Foto), Head of Production Department, hat uns verraten, wie aus einer Idee die Inszenierung für den weltbekannten Charity-Event geformt wird.

Messe & Event: Wie startet eigentlich die Planung für den Life Ball?
Florian Neumann: Es gibt hier bei uns den Spruch „Nach dem Life Ball ist vor dem Life Ball“, und das stimmt so eigentlich wirklich. Natürlich kann sich das Team im Sommer einen wohlverdienten Urlaub gönnen, aber eigentlich beginnen die Planungen recht bald wieder. Gery hat die Grundidee und daraus entwickeln wir dann im Team die dazu passende Bühne und die Gestaltung des Rathausplatzes.

Wie darf man sich die Arbeit des Produktionsteams vorstellen?
Die Planungsphase dauert rund zehn Monate, wobei wir uns, wenn die Planungen konkreter werden, noch mit einigen temporären Mitarbeitern verstärken. Zuerst versuchen wir eine Bühnenform zu finden, die der Ästhetik und dem Look des jeweiligen Mottos gerecht wird. Dabei müssen wir natürlich die Funktionalität des Entwurfs als Bühnenanlage im Auge behalten, also immer auch darauf achten, dass die große Bühne auch wirklich bespielbar ist.

Aber als Erstes bringt ihr die Idee auf eine -bedeutend kleinere Bühne, wie ich sehe …
Ja, unser Bühnenmodell [lacht]. Sobald sich die ersten Ideen von Gery so weit konkretisiert haben, dass wir einen baulichen Ansatz haben, bauen wir ein Modell der Bühne. Da wird dann gesägt und ­geklebt und die Kollegen müssen das alles hier im Großraumbüro ertragen – meistens sind sie ohnedies neugierig, was wir da schon wieder ausbrüten! Im Endeffekt haben wir dann ein Bühnen­modell, das nicht nur für unsere, sondern auch die Arbeit der Kollegen wichtig ist. Anhand des Modells denken wir auch viele wichtige Aspekte durch: mögliche Showabläufe, Sichtlinien für das Publikum vor Ort, die Positionen für Pressefotografen und TV-Kameras, die An- und Abfahrt des für uns so wichtigen, heuer von Jean Paul Gaultier designten, AUDI A3 e-tron. Wir ­erklären den neuen Teammitgliedern, wo welche Eingänge liegen, und, und, und. Das Modell ist eigentlich für uns alle ein wichtiges Tool, um unseren Ansatz auf alle Eventualitäten abzuklopfen, und steht quasi am Anfang einer großen Machbarkeitsprüfung.

Wenn du sagst Machbarkeitsprüfung – wie geht ihr da genau vor?
Wir beginnen uns mit unserem Partner im technischen Bereich auszutauschen und stellen ihnen das Konzept vor. Am Anfang steht da vor allem die Firma Puls Multi­media Productions mit den beiden Köpfen Andreas Brandl und Andreas Ratz, die mit uns die technische Gesamtplanung erstellen und den Life Ball seit Anbeginn begleiten. Außerdem kommt dabei auch unser Statiker Thomas Hanreich ins Spiel, sodass wir quasi in dieser Runde das bauliche Vorgehen der ganzen Anlage erarbeiten. Dabei werden auch gleich alle Notwendigkeiten hinsichtlich Veranstaltungstechnik wie Audio, Licht oder Video berücksichtigt, aber auch festgelegt, wie Dekorationen und Kulissen verbaut werden können.

Und dann ist die Bühne irgendwann fertig?
Nein! Jetzt geht’s erst richtig los! Wenn wir also den baulichen Ansatz definiert haben, sprechen wir etwa mit unserem Partner Stage Co, die die Bühne an sich bauen, um eine Detailplanung zu erstellen. Außerdem sprechen wir mit unseren Partnern im Bereich Kulissenbau und Dekorationen wie ZEROS und ART for ART, da ja die optische Gestaltung der Bühne das offensichtlich Wesentliche ist. Die Partner in diesem Bereich ändern sich hier zum Teil je nach Bühnendesign – dieses Jahr hat zum Beispiel Richter Solutions eine Umsetzung des „Goldblätter-Looks“ der Kuppel entwickelt und umgesetzt. Nachdem sich das Bauliche und Gestalterische also nach und nach klärt, werden Runde um Runde die weiteren Gewerke wie Technik, Showeffekte und Ausstattung hinzugezogen.

Also dann ist die Bühne wirklich schon fast fertig, oder?
Eigentlich ja. Aber sie ist ja nur Teil des Ganzen. Wir müssen uns um viel mehr kümmern, wie die gesamte Infrastruktur, die es sowohl für den Aufbau als auch für die Veranstaltung selbst braucht. Dafür ­haben wir ein umfangreiches Netzwerk von Partnern, Sponsoren und Unter­stützern. Beginnend bei Firmen wie DB Schenker, die uns in Transportlogistik beraten, Felbermayr, die uns mit Kränen und Hebezeugen unterstützen, oder webges, ohne deren Akkreditierungssystem wir wohl im Chaos versinken würden.

Und wie geht ihr mit den Kosten um?
Der Life Ball ist ein Charity-Event. Das heißt, dass es wichtig ist, die Kosten so ­gering wie irgend möglich zu halten und gleichzeitig aber auf so wichtige Dinge wie Qualität und Sicherheitsbestimmungen einzugehen. Da kommen die zahlreichen Partner des Life Ball ins Spiel, die im Rahmen der CSR teilweise schon jahrelang verlässlich und unentbehrlich den Life Ball unterstützen. Ohne die zahlreichen Partner wäre das alles schlichtweg nicht umsetzbar – von der Strominfrastruktur von Event Electric bis zu den LED Screens von unserem langjährigen Partner firstSpot.

Und wie verbringt das Produktionsteam den Life Ball? Bleibt da Zeit zum Feiern?
Das Produktionsteam wird eigentlich die ganze Nacht arbeiten. Erst beim Aufbau, dann in der Leitstelle des Life Ball, die in einem Container vor dem ­Rathaus untergebracht ist, und nach Mitternacht beginnt dann auch schon wieder der Abbau. Und dann ist eh schon wieder vor dem Life Ball …

Das klingt ja nach sehr viel Arbeit …
Ja natürlich, aber die große Kunst ist, dass die Arbeit nicht sichtbar ist und der Zuschauer nie an die Arbeit denkt, sondern einfach die Show genießt. Insofern ist es ein „verstecktes Handwerk“.

Vielen Dank für das Gespräch.

Foto: Life Ball/© Jürgen Hammerschmied

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