MOTU (Foto) und Bitwig haben neue Versionen ihrer DAW-Lösungen vorgestellt. Die beiden Unternehmen verfolgen dabei unterschiedliche Ansätze.

Evolution statt Revolution

Die US-Firma Mark of the Unicorn (kurz: MOTU) gehört zu den Pionieren der Musik-Software. Schon vor 30 Jahren hat sie einen MIDI-Sequencer für Macintosh-Computer ­namens Performer angeboten. Wenn man so will, ist dies der Vorläufer des Produkts Digital Performer gewesen, das mittlerweile auch für Windows angeboten wird und erst kürzlich in Version 9 erschienen ist. Hierzulande ist Digital Performer im Gegensatz zu MOTUs externen Hardware-Wandlern weniger bekannt, erfreut sich aber in Insider-Kreisen großer Beliebtheit, besonders unter den Film-Vertonern.

Digital Performer 9 lässt sich am besten als ­verbesserte Ausgabe eines bewährten Produkts beschreiben. Am grundlegenden Konzept der Timeline-basierten Darstellung hat sich nichts geändert, auch die Anforderungen an die Hardware bleiben moderat. Das hat den Vorteil, dass Nutzer, die das Programm bereits verwenden, in den meisten Fällen problemlos updaten können und sich sofort zurechtfinden.

Bei näherem Hinsehen und gezieltem Ausprobieren offenbart sich rasch der Feinschliff, den die MOTU-­Programmierer ihrem Software-Flaggschiff angedeihen lassen haben. Nicht zu übersehen ist der neue virtuelle Synthesizer MX4, der alle gängigen Spielarten der Modulation beherrscht und von fünf neuen Plug-ins unterstützt wird. Modern oder retro: Der MX4 kann mühelos  die gewünschten Klänge erzeugen, wobei Dutzende Presets bei der Auswahl behilflich sind. Die Mischer-Automation wird jetzt unter dem entsprechenden Track visuell dargestellt, die ­Audio-Aufnahme kann auch in Spektrogramm-Form angezeigt werden – ein echter Bonus für Klangbastler.

Generell ist die Darstellung der Fenster jetzt viel besser gelöst, so können Plug-in-Fenster „schweben“ und damit stets im Vordergrund bleiben. Zudem hat MOTU die ­gesamte Oberfläche an Bildschirme mit sehr hoher Auflösung angepasst, grobkörnige Darstellung gehört damit der Vergangenheit an. Zu viel optischen Schnickschnack hat MOTU bewusst weggelassen, er würde nur von der Arbeit ablenken.

Einen wichtigen Punkt für Notationsexperten hat MOTU endlich nachgereicht: den Export aus dem programmeigenen Noten-Editor Quick­scribe in das verbreitete Format MusicXML, das von Notensatz-Programmen wie Sibelius und ­Finale verwendet wird.

Alles in allem stellt ­Digital Performer 9 ein gelungenes Update dar, das eher durch feinfühlige Verbesserungen als durch große Veränderungen glänzt. Preis: rund 400 Euro.

Multi-Touch und Multi-Plattform

Die Berliner Firma Bitwig ist erst seit zwei ­Jahren mit ihrer gleichnamigen DAW-Software vertreten, kann aber langjähriges Know-how vorweisen. Nicht zuletzt sind die Firmengründer zuvor bei Ableton beschäftigt gewesen. Bitwig erinnert vom Konzept und Design her auch ein bisschen an Live!, hat aber genügend Eigen­ständigkeit, um nicht als Kopie durchzugehen, die aktuelle Version 1.3 zeigt das.

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Bitwig ist von Beginn an als modernes Programm konzipiert worden, das mit einigen Regeln tradi­tioneller Sequencer und DAWs bricht. Das ­beginnt schon bei der Programmoberfläche, die neben der gewohnten Timeline auch die Darstellung in Form von Audio-Clips bietet. Damit ist Bitwig nicht nur für Audio-Aufnahme und -Bearbeitung im Studio geeignet, sondern auch für den Bühneneinsatz. Eine weitere Besonderheit ist die kompromisslose Linux-Unterstützung und die bislang beste Gestensteuerung mittels Multi-Touch. Das bedeutet, dass auf einem ­berührungsempfindlichen Bildschirm mehrere virtuelle Geräte gleichzeitig bedient werden können. Natürlich lässt sich das Programm auch mittels Stift oder Touch-Keyboard bedienen.

Insgesamt bietet Bitwig einen erfrischend neuen Ansatz für die Musikproduktion, ohne gewohnte Methoden zu vernachlässigen. Für rund 300 Euro ist das Programm zu haben.

Fotos: © MOTU, Bitwig

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